Dieselmassenklage gegen VW: Kläger sind offen für Vergleich
Das Musterfeststellungsverfahren wegen des Dieselbetrugs beginnt am 30. September. Verbraucherschützer wollen, dass Geschädigte schnell Geld sehen.
Vier Jahre nach dem Bekanntwerden des Dieselskandals um manipulierte Abgaseinrichtungen beginnt am 30. September vor dem Oberlandesgericht Braunschweig das Musterfeststellungsverfahren der Verbraucherzentralen gegen VW. Allein in Deutschland sind zwei Millionen DieselfahrzeugbesitzerInnen betroffen. „Unserer Meinung nach hat Volkswagen betrogen und muss deshalb zur Rechenschaft gezogen werden“, sagte Verbandschef Klaus Müller vor JournalistInnen in Berlin.
Das Verfahren vor dem Oberlandesgericht Braunschweig ist das erste dieser Art, denn die Möglichkeit der Musterfeststellungsklage wurde erst im Zuge der Manipulationsaffäre geschaffen. Geben RichterInnen der Klage statt, gilt das Urteil für alle, die sich vorher in ein spezielles Klageregister eingetragen haben. Bislang sind das 430.000 Personen.
Eine Musterfeststellungsklage hat durchaus Haken: Ist sie nicht erfolgreich, können Geschädigte nicht mehr individuell vor Gericht ziehen. Bei einem Erfolg müssen sie den Schadenersatz noch individuell erstreiten. Dieser Aufwand würde ihnen bei einem Vergleich erspart werden. „Wenn VW einem Urteil zuvorkommen möchte und mit uns in Vergleichsverhandlungen eintreten will, dann sind wir dafür offen“, sagte Müller. Ein Vergleich sei nicht für jeden Preis zu haben. „Es ist aber im Interesse der Verbraucherinnen und Verbraucher, möglichst schnell Geld zu sehen.“ Ein Angebot werden die VerbraucherschützerInnen nicht machen – sie warten auf eines von VW.
Geschädigte können sich Klage noch anschließen
Der Autobauer ziert sich. „Bei der hohen Anzahl von Registeranmeldungen, Fallkonstellationen und etwaigen individuellen Schadensforderungen erscheint ein Vergleichsschluss kaum vorstellbar“, gab ein Sprecher die Sprachregelung des Konzerns wieder.
Die Formulierung „kaum vorstellbar“ stimme ihn optimistisch, sagte Müller. Die VerbraucherschützerInnen gehen davon aus, dass ihre Klage erfolgreich ist – und viele Geschädigte anschließen vor Gericht ihre Entschädigung geltend machen. Volkswagen werde die zu erwartenden Prozesskosten hochrechnen, meinte auch Anwalt Ralph Sauer, der die Musterklage führt. „Es wird mit einem Vergleich für VW viel billiger“, sagte er. „Die wollen einen Vergleich, anders kann ich es mir nicht vorstellen.“ Konzern und Geschädigte haben in Australien bereits eine solche Einigung getroffen, bei der DieselkäuferInnen nach VW-Angaben umgerechnet etwa 870 Euro bekommen. Das wäre den VerbraucherschützerInnen zu wenig, signalisierte Müller.
Grundsätzlich sind zwei Wege der Entschädigung möglich, erklärte der Wirtschaftsjurist Marco Rogert, der ebenfalls Klagevertreter ist. Entweder kommt es zu einer Rückabwicklung, VW zahlt also den Kaufpreis und zieht möglicherweise einen Teil für die bisherige Nutzung des Autos ab. Oder VW zahlt einen einmaligen Betrag. „Die Gegenseite wird Interesse daran haben“, sagte der Anwalt.
Geschädigte können sich noch bis zum 29. September der Klage anschließen. Das kommt infrage für AutohalterInnen der Marken Audi, Seat, Škoda und Volkswagen, deren Fahrzeuge mit Dieselmotoren des Typs EA 189 ausgestattet sind, die nach dem 1. November 2008 gekauft wurden und vom Rückruf betroffen waren. Bereits registrierte Geschädigte sollten prüfen, ob die Voraussetzungen zutreffen, raten die ExpertInnen. Ansonsten könnten Ansprüche, die anders geltend gemacht werden müssen, verloren gehen. Hilfestellungen bietet der Bundesverband der Verbraucherzentralen an unter musterfeststellungsklagen.de.
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