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Dieselgate in DeutschlandViele VW-Käufer gehen leer aus

Der Bundesgerichtshof wirft dem Autobauer „sittenwidriges“ Verhalten vor. Trotzdem entscheidet er konzernfreundlich.

Endmontage in der VW-Produktion im Werk Mosel Foto: Paul Langrock/Zenit

Karlsruhe taz | VW muss vielen getäuschten Dieselkäufern doch keinen Schadenersatz zahlen. Das ist die Folge von vier Urteilen, die der Bundesgerichtshof an diesem Donnerstag verkündete. Betroffen sind späte Dieselkäufer und Vielfahrer. Der BGH bekräftigte aber sein Grundsatzurteil vom Mai. Danach hat VW Millionen Dieselkäufer „vorsätzlich sittenwidrig“ geschädigt.

Der Einbau einer Abgasreduzierung, die nur auf dem Prüfstand funktionierte, habe die arglosen VW-Kunden dem Risiko ausgesetzt, dass ihr Fahrzeug von den Behörden stillgelegt wird, weil es im normalen Verkehr die Abgas-Grenzwerte nicht einhält. Die Kunden haben daher, wenn sie rechtzeitig geklagt haben, Anspruch auf Rückabwicklung des Kaufvertrags. Das heißt, sie bekommen grundsätzlich den Kaufpreis zurück, wenn sie auch das Auto zurückgeben.

Bei Kunden, die ihren VW-Diesel erst nach dem September 2015 gekauft haben, entfällt aber der Anspruch auf Rückabwicklung. Im Rahmen einer Gesamtbetrachtung sei das Verhalten von VW danach nicht mehr als sittenwidrig anzusehen, so der Vorsitzende Richter Stephan Seiters.

Im September 2015 habe VW eingeräumt, dass es Probleme mit den Motoren gebe und man in Kontakt mit den Behörden stehe. Die Medien hätten über den Skandal umfassend berichtet. Auf die Kenntnis des Käufers, ob auch sein Fahrzeug betroffen war, komme es gar nicht an, so Richter Seiters. Das erspart den Gerichten nun viel Arbeit bei der Beweisaufnahme.

Bei 10.000 Klagen entfällt der Schadensersatzanspruch

VW-Käufer, die mit ihrem Fahrzeug sehr viel gefahren sind, haben zwar Anspruch auf Rückabwicklung, könnten aber dennoch leer ausgehen. Schon im Mai hatte der BGH entschieden, dass bei der Rückzahlung des Kaufpreises der Gegenwert der Nutzung abzuziehen ist. Das aktuelle Urteil kommt zu dem Schluss, dass im Extremfall der Nutzungsersatz den Kaufpreisanspruch völlig aufzehren kann. Die Grenze liegt nach den Urteilen der meisten Oberlandesgerichte bei 250.000 Kilometern.

Laut VW sind noch 60.000 Klagen von Käufern offen. In rund 10.000 Fällen entfalle nun der Schadenersatzanspruch, weil das Fahrzeug nach dem September 2015 gekauft wurde. In den übrigen 50.000 Fällen will VW den Kunden eine individuelle Einmalzahlung vorschlagen. Vorteil für die Kunden: Sie können das Auto behalten. Allerdings will VW bei der Höhe der Einmalzahlung die BGH-Rechtsprechung zum Nutzungsersatz berücksichtigen.

Das heißt: Wer viel gefahren ist, bekommt weniger. Für die 240.000 VW-Kunden, die bei der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentrale einen Vergleich geschlossen haben, stellt sich das Vielfahrerproblem nicht. Sie erhalten 15 Prozent des Kaufpreises, unabhängig von der Fahrleistung.

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1 Kommentar

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  • Leer aus gehen alle Menschen, die den Dreck dieser Fahrzeuge eingeatmet haben. Als Allergiker weiß ich nur zu gut, was das bedeutet.



    Es wäre hingegen nicht einzusehen gewesen, warum Käufer den Neupreis bekommen sollten, ohne dass die Nutzung des Fahrzeugs gegengerechnet wird.



    Und schon gar nicht einzusehen wäre gewesen, dass Menschen entschädigt werden, die bewusst ein Auto gebraucht kauften, von dem sie wissen konnten, dass es andere Menschen durch Abgase krank macht.