Diebstahl in Brandenburg: O’zapft is
Auf einem Feld haben Unbekannte die Leitungen einer Raffinerie angebohrt, um Benzin abzupumpen.
Man lernt nie aus. „Wir kannten solche Vorfälle nur vom Hörensagen aus Entwicklungsländern“, sagt Vica Fajnor, Pressesprecherin der betroffenen PCK-Raffinerie. Auch die brandenburgische Polizei zeigt sich überrascht. Benzindiebstahl in Form von Abpumpen aus Fahrzeugtanks – „das ist bekannt“, so Polizeiinspektorin Bärbel Cotte-Weiß. Aber dass auf einem Feld unterirdische Leitungen angebohrt werden? „Das ist zum ersten Mal passiert.“
Es geschah Anfang Oktober im Landkreis Märkisch-Oderland zwischen den Dörfern Gratze und Beerbaum. Unter dem Acker des Bauern L. verläuft die Pipeline der PCK-Raffinerie. 10.000 Tonnen Benzin, Diesel oder Heizöl werden hier täglich durchgepumpt. Das Rohr hat einen Durchmesser von 30 Zentimetern, liegt eineinhalb Meter tief unter der Erde, kommt von Schwedt und endet in Seefeld vor den Toren Berlins. „80 bis 90 Prozent der Berliner Tankstellen beziehen ihren Sprit von uns“, sagt Raffinerie-Sprecherin Fajnor.
Anfang des Monats spazierte Bauer L. über seinen Acker. Der Mais war abgeerntet, mitten auf dem Feld stand eine Pfütze, von der stechender Benzingeruch ausging. L. informierte die Raffinerie. Als er deren Mitarbeiter einige Stunden später zu der Pfütze führte, war dort ein Loch gebuddelt, aus dem Erdreich ragte ein Schlauch. Daneben standen zwei Schubkarren, Spaten und mehrere Kanister. Es sah ganz so aus, als sei hier jemand Hals über Kopf geflüchtet.
Die Polizei hat ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannt wegen Diebstahls und Bodenverunreinigung eingeleitet. Das angebohrte Rohr sei mit einer Zapfvorrichtung versehen gewesen. Die sei lose gewesen, vermutlich deshalb sei so viel Benzin ausgetreten, sagt Inspektorin Cotte-Weiß. Die Täter hätten das Leck wohl gerade beheben wollen, als der Bauer zurückkam.
Das Rohr war nach drei Tagen repariert. Wo die Pfütze war, befindet sich heute ein riesiger Krater – denn der Boden ist mit Kraftstoff verseucht. Über 2.000 Tonnen Erdreich hat die PCK-Raffinerie abtragen lassen. „Der Aushub dauert an“, sagt Sprecherin Fajnor. Sie schätzt die Kosten auf eine hohe sechsstellige Summe.
Wie lange die Diebe schon am Werk waren, kann die Polizei nicht sagen. Auch über die geklaute Menge gebe es bislang keine Erkenntnisse. In den Leitungen würden regelmäßig Messungen durchgeführt, sagt Raffinerie-Sprecherin Fajnor. Die jüngsten Zahlen habe sie noch nicht vorliegen. Verluste in dem Rohrsystem ließen sich durchaus feststellen, wenngleich nicht auf den Liter genau.
Möglicherweise wurde schon seit Wochen, vielleicht gar seit Monaten illegal gezapft. Cotte-Weiß gibt sich jedoch optimistisch, die Diebe bald zu schnappen. Vielleicht kann sie sogar in der Nähe suchen: Auf einer der Schubkarren war mit schwarzer Farbe riesengroß „K. K.“ gesprüht. „Es sind schon Hinweise eingegangen.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Umweltfolgen des Kriegs in Gaza
Eine Toilettenspülung Wasser pro Tag und Person
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja