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Die ticken ganz richtig

■ Eine Schweizer Uhrenfirma sponsort sich eine Ausstellung: "Reise ins Zentrum der Zeit" im Museum für Kunst und Gewerbe

sponsort sich eine Ausstellung: „Reise ins Zentrum der Zeit“ im Museum für Kunst und Gewerbe

Armbanduhren sind heute allgegenwärtig und doch gibt es sie erst seit 87 Jahren. Seit anderthalb Jahren gibt es sogar eine begehbare, siebenhundertfach vergrößerte Schweizer Markenuhr in Form einer 153 Quadratmeter großen Ausstellungsarchitektur. Diese ist zur Zeit im Museum für Kunst und Gewerbe installiert. Die vergrößerten Formen von Schrauben, Federgehäuse oder Unruh beherbergen Vitrinen zur Geschichte der Uhrenherstellung im Schweizer Vallee de Joux seit dem neunzehnten Jahrhundert. Sie zeigen neben Werkzeugen und Werkteilen vor allem eine Vielzahl mechanischer Zeitmesser.

Perfekt gestylt und mit unbezahlbaren Exponaten stellt sich sofort die Frage nach dem Sponsor. Und in dieser Hinsicht ist bei dieser Ausstellung ein neuer absoluter Gipfel erreicht: es geht nicht um einen Geldbetrag, der dem Museum nützt und einer Firma Werbung bringt, hier ist das Ganze mit über 10 Millionen Schweizer Franken von der Uhrenmanufaktur Jaeger- LeCoultre bezahlt. Mit diesem Betrag, der immerhin rund zwei Drittel des Budgets der diesjährigen dokumenta ausmacht, wurde eine Qualität erreicht, die für die nur einmalige Präsentation als Stand auf der letztjährigen Basler Uhren- und Schmuckmesse einfach zu schade war.

So wurde die Uhrenschau in Museen in Paris, Singapur und Mailand sowie im Deutschen Museum in München mit Erfolg gezeigt. In der Tat handelt es sich bei der 160 Jahre alten Schweizer Manufaktur mit fünfhundert Mitarbeitern nicht um eine beliebige Uhrenfirma. Sie hält so ziemlich alle Rekorde ihres Fachs: schon seit 1903 das flachste und seit 1929 das kleinste mechani-

1sche Uhrwerk überhaupt. Als Vorstufe heutiger Feinarbeit hatte der Gründer Charles-Antoine LeCoultre 1844 darüber hinaus als höchstpräzises Feinmessgerät den Millionometer erfunden.

Abgesehen vom an sich anachronistischen Luxus mechanischer Liebhaberuhren, stellt die Firma seit 1934 auch fast ein Perpetuum

1mobile her: die nur von Temperaturschwankungen in einen Gasdruckröhrchen angetriebene Uhr „Atmos“, der eine Temperaturänderung von nur einem Grad reicht, vierundzwanzig Stunden zu gehen. Dieses Antriebsprinzip harrt noch seiner Weiterentwicklung zu einem ökologischen Motor. Hajo Schiff

Bis 1. November

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