piwik no script img

Die ganze Welt des FrauenfußballsKein Nabel nirgends

Wo schlägt eigentlich das Herz des Fußballs? In Europa – könnte man bei all dem Rummel um die EM glatt glauben. Doch auch woanders wird gekickt.

Unbändige Freude: Marokko steht zum ersten Mal im Finale des Afrika-Cups Foto: imago

W as den Fußball angeht, ist Europa der Nabel der Welt – so heißt es immer wieder. Die besten Mannsbilder der Welt spielen in Europa. Bei der jüngsten Männer-WM, derjenigen 2018 in Russland, standen vier Teams aus Europa im Halbfinale. Beim Kampf um das große Investoren- und Sponsorengeld agiert die Euro­päi­sche Fußballunion Uefa auf Augenhöhe mit dem Weltverband Fifa. Was nicht in Europa stattfindet, gehört zum Rest der Welt.

So ist man es vom Männerfußball gewöhnt. Der arg eurozentrische Blick auf den Fußball schleicht sich auch beim Betrachtenden der Frauen-EM schnell ein. Dabei ist alles andere als fraglich, ob es wirklich die besten Mannschaften der Welt sind, die sich da im Moment in England messen.

In Mexiko ist zu Wochenbeginn die Kontinentalmeisterschaft des Nord- und Mittelamerikanischen Fußballverbands entschieden worden. Das Endspiel haben die USA gegen Kanada mit 1:0 gewonnen. Die Weltmeisterinnen aus den USA, dem Heimatland einer der besten Ligen der Welt, haben also gegen die Olympiasiegerinnen aus Kanada gewonnen.

Im Halbfinale des Turniers in Tokio 2021 stand mit Silbermedaillengewinner Schweden nur eine Mannschaft aus Europa. Australien hat gegen die USA das Spiel um Platz drei verloren. Wer sich das vergegenwärtigt, kann eigentlich nur zu dem Schluss kommen, dass es gar keinen Nabel gibt im Fußball.

Blick nach Afrika

Und wer all die Zuschauerrekorde aufzählt, die bei dieser EM in England purzeln, die kann ja ruhig mal den Blick gen Afrika richten. Da haben die Gastgeberinnen aus Marokko ihr Halbfinale beim Afrika-Cup gegen Nigeria vor 45.000 Zuschauern in Rabat ausgetragen. Und gewonnen haben sie obendrein nach Elfmeterschießen gegen die bis dato fast alles beherrschende Kraft im afrikanischen Fußball. Dass Nigeria ausgeschieden ist, lag gewiss auch an den zwei Roten Karten, die Schiedsrichterin Maria Rivet nach Hinweisen des Video Assistant Referee (VAR) nigerianischen Spielerinnen gezeigt hat.

Das Turnier ist technisch also auf dem neuesten Stand. Der afrikanische Kontinentalverband CAF verkündet stolz den erstmaligen Einsatz des VAR beim Afrika-Cup der Frauen. In Europa mag man darüber lächeln. Oder halt, Moment mal! Auch diese EM ist die erste in der Geschichte mit Videoschiedsrichterei.

Und weil wir gerade dabei sind. In Südamerika läuft derzeit auch die Kontinentalmeisterschaft der Frauen. Mindestens bemerkenswert ist dabei der 4:0-Sieg Brasiliens über Argentinien und der Gruppenphase. In Asien übrigens sind schon im Januar die Champions gekürt worden. China hat sich mit dem Titel in der Weltspitze zurückgemeldet. Japan, Weltmeister von 2011, wurde hinter Südkorea Dritter. Es ist viel in Bewegung. Nicht nur in Europa.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Andreas Rüttenauer
Sport, dies und das
Mehr zum Thema

1 Kommentar

 / 
  • Na das liegt doch in der Natur der Dinge. Das sind nun mal Nationalturniere. Und natürlich interessiert da in Deutschland auch der Wettbewerb mehr, bei dem unsere Mädels mitkicken. In Ghana oder Peru werden sich die Leute wohl kaum so viel für die Frauen EM interessieren, wie für die jeweiligen Wettbewerbe auf dem jeweils heimischen Kontinent. Dass Frauenfußball generell auf höheres Interesse stößt, ist doch erstmal positiv.

    Und genaugenommen ist der "Rummel" um diese EM außerhalb der taz gar nicht so groß. Es wird berichtet, die Einschaltquoten bei den Spielen der Deutschen sind besser. Aber so ein richtiger Hype isses sicher nicht.

    Und um nochmal zu stänkern: Eigentlich ist der ganze Nationalmannschaftsquatsch hier doch traditionell eher verpönt. Zumindest ist das Tenor, wenn die Männerturniere stattfinden.