: Die anderen
„Le Point“ (Paris) meint zum Wahlerfolg der FPÖ: Auch wenn es keinen Zweifel über die wahren Überzeugungen Haiders geben kann – es bleibt abzuwarten, ob die Motivationen seiner Wähler über dieses doppeldeutige Angebot hinausgehen oder sich auf einen braunen Fieberschub, einen üblen Rückfall in die Zeiten der Waldheim-Affäre zurückführen lassen, die schon 1986 Österreichs Vergangenheit aufgewühlt hatte. Haider? Sein Talent als Bühnenstar, seine Selbstbedienungsreden zur Zufriedenstellung eines Jedermanns im Publikum, der gepflegte Look des Politik-Managers ändern nichts daran: Haider ist der extreme Rechte im neuen Gewand.
Die „Salzburger Nachrichten“ weisen Israels Kritik zurück: In Israel hat man ganz offensichtlich den Bezug zur Realität verloren. Weder die Österreicher in ihrer Gesamtheit noch die FPÖ und auch nicht Jörg Haider haben eine antijüdische oder antiisraelische Haltung an den Tag gelegt. In diesem Staat gibt es nicht die geringsten Anzeichen für eine Wiederbelebung des verbrecherischen Naziregimes. Juden sollten nie vergessen, dass das Leid, das dieser Gemeinschaft seit Jahrhunderten zugefügt wird, stets aus Pauschalurteilen und Verleumdungen entstanden ist. Pauschalurteile und Verleumdungen müssten daher Juden noch strenger vermeiden als andere.
„Yedioth Aharonoth“ (Jerusalem) schreibt: Der Wahlsieg Haiders ist ein Anzeichen dafür, dass Europa durch Arbeitslosigkeit und Massenmigration populistischer und rassistischer geworden ist. Haider ist kein Hitler oder Nazi. Wenn er in Österreich zur Macht kommen sollte, wird er wahrscheinlich nicht die Demokratie auflösen und seine Gegner in Konzentrationslager sperren. Aber er ist ein klares Beispiel für den wachsenden Rechtsradikalismus in Europa. Der Wahlsieg Haiders beweist auch, dass heute kein jüdischer Politiker wie Bruno Kreisky vor 20 Jahren zum österreichischen Bundeskanzler in Österreich gewählt werden könnte.
„Ma'ariv“ (Jerusalem) kommentiert: Haider ist ein Rechtsradikaler. Seine Erklärung nach dem Wahlsieg in Kärnten, dass er sich als Kandidat für den nächsten Bundeskanzler sehe, dürfte zu einer Vorverlegung der österreichischen Nationalratswahlen auf Juni führen, um eine solche tragische Entwicklung für Österreich zu verhindern. Wir dürfen nicht vergessen, dass Haider, der leugnet, ein Antisemit und Neonazi zu sein, im Jahr 1994 an einem Treffen ehemaliger SS-Leute teilgenommen und die SS gelobt hat, und dass er im Jahr vergangenen Jahr den Holocaust mit der Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg verglichen hat.
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