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Die Zukunft des GolfsportsIn die Halle verkriechen

Wenn in Florida mal das Wetter schlecht ist, puttet man halt indoor, mit technischer Unterstützung.

Nichts ist unmöglich, auch nicht Golf in der Halle Foto: Mike Ehrmann/TGL/imago

A uch in dieser Zeitung läuft die Anpassung an das neue Zeitalter. Kaum ist der Unaussprechliche Präsident geworden, reden wir über Golf, seinem Lieblings-Schummelsport: Gestern die Kolumne „Eingelocht“, heute dieser Bericht über die angebliche Zukunft des Schlägerschwingens: Hightech-Indoor-Golf, gespielt im neuen SoFi Center zu Palm Beach Gardens, Florida, gleich beim Präsidenten-Privatpalast um die Ecke gelegen, kaum 20 Autominuten entfernt.

Während sich unsereins im failed continent Europa naturgolfend durch den vergleichsweise okayen Winter kämpft mit all seinem Eis, mit Kälte und Matsch, könnte man in Florida einfach draußen weiterspielen, falls nicht wieder ein Hurrikan alles flutet. Stattdessen spielen die Profis neben ihrer regulären Tour Hallengolf in der Tomorrow’s Golf League (TGL). Dutzende der Besten sind am Start, darunter 13 Major-Sieger, vorneweg Tiger Woods, der zwar nicht mehr richtig laufen kann nach seinem schweren Autounfall, aber noch locker Hallen begehen.

Diese haben nur die bescheidene Größe eines Fußballplatzes. Lange Schläge müssen deshalb am Simulator gespielt werden, in Dreierteams. Fortsetzung dann in echt, kurze Schläge und das Putten. Firmen-Eigentümer ist TMRW Sports, ein von Woods, dem Nordiren Rory McIlroy und einem Sportmanager gegründetes Unternehmen.

Es gibt eine shotclock für ein actionreiches Zwei-Stunden-Format. Es soll also alles sehr schnell gehen vor 1.500 Live-Zuschauern, sagen wir: Es ist Blitzgolf. Als besonderer Clou werden die Kunstrasengrüns von unterirdischen Robotern zwischenzeitlich gesteuert und verändert: neue Wellen, neue Breaks. Ob das auch beim Schlag geschieht, ist nicht überliefert: Das wäre der vorletzte Schritt zum „Spiel ohne Grenzen 2.0“. Als Letztes kämen Schmierseifedüsen dazu.

Aber machen wir uns nicht übermäßig lustig. Macher wie Woods glauben, man könne Interesse bei neuen Zielgruppen wecken, weil man Golf jetzt „in eine andere Stratosphäre“ katapultiere. McIlroy ergänzt, die Indoor-Schwünge könnten „Golf ins 21. Jahrhundert bringen“. Merkwürdig: Bislang glaubte die Welt, das 21. Jahrhundert hätten wir schon erreicht, und die kleinen Bälle seien auch dabei. Aber vielleicht stellt der Unaussprechliche erst jetzt Uhren und Kalender um. Tomorrows Golf League heute schon zu spielen klingt so zeitenzersetzend.

Egal, das deutsche Golf-Magazin feiert brav mit und schreibt von einer „völlig neuartigen Golfliga, die den traditionellen Golfsport mit modernster Technologie und einem innovativen Veranstaltungsformat kombiniert“. Golf werde „dynamischer, unterhaltsamer und zugänglicher für ein breiteres Publikum“ gestaltet.

Meint: Junge Leute, die keine Lust haben, sich bei einem klassischen Golfturnier stundenlang die Beine in den Bauch zu stehen. Der Spartensender Sky Sports jubiliert gleich von der „revolutionären Indoor-Liga TGL“. Klar, die übertragen das auch.

Noch weiß man nicht, wann der Unausgesprochene mitspielen darf, als Gast aus der Nachbarschaft. Wie wird der dann pfuschen und manipulieren, auf dass der frisch erwählte Messias zum Mega-MAGA-Meister aller Klassen aufsteigt, heute und tomorrow und immerdar? Vielleicht hilft ihm sein Elon-Hündchen mit einem feinen Hacker-Programm für die Simulatoren.

Nordkoreas Kim Jong Il, der Diktatoren-Papa also, hat laut Staatspropaganda 1994 mal elf Hole in One auf einer Runde mit den handelsüblichen 18 Bahnen geschafft. Da ist noch Luft nach oben.

Das TGL-Finale soll am 25. März steigen. Aus Respekt vor richtigem Golf werden wir die Sieger nicht vermelden.

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Bernd Müllender
Sohn des Ruhrgebiets, Jahrgang 1956, erfolgreich abgebrochenes VWL- und Publizistikstudium, schreibe seit 1984 für die taz – über Fußball, Golf, Hambacher Wald, Verkehrspolitik, mein heimliches Lieblingsland Belgien und andere wichtige Dinge. Lebe und arbeite als leidenschaftlich autoloser Radfahrer in Aachen. Seit 2021 organisiere und begleite ich taz-LeserInnenreisen hierher in die Euregio Maas/Rhein, in die Nordeifel und nach Belgien inkl. Brüssel. Bücher zuletzt: "Die Zahl 38.185" - Ein Fahrradroman zur Verkehrswende (2021). "Ach, Aachen!" - Textsammlung aus einer manchmal seltsamen Stadt (2022).
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