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Die ZLB schlägt AlarmIm schlimmsten Fall einen Standort fürs Publikum schließen

Die Zentral- und Landesbibliothek Berlin muss in diesem Jahr 2,2 Millionen einsparen. Das geht nur mit Personalabbau und drastischen Maßnahmen.

In der Amerika-Gedenkbibliothek, die zur ZLB gehört, wird gespart, was das Zeug hält Foto: Tina Eichner

Berlin taz | Es ist proppevoll in der Amerika-Gedenkbibliothek am Blücherplatz in Kreuzberg. Am Dienstagnachmittag gibt es so gut wie keinen freien Sitzplatz, es herrscht eine emsige Arbeitsatmosphäre. Doch wie lange noch? Die Kürzungen im Kultur­etat des Landes Berlin machen der Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) – wie vielen anderen Kultureinrichtungen – arg zu schaffen. „Mit der Abrissbirne durch die ZLB“ hat das Pressegespräch am Dienstag deshalb einen alarmistischen Titel.

Die ZLB muss nach aktuellem Stand in diesem Jahr – und in den folgenden Jahren – insgesamt 2,2 Millionen Euro einsparen, sagt Generaldirektor Volker Heller. „Das zwingt uns, erhebliche strukturelle Einschnitte vorzunehmen.“

Die Lage wäre ernst: Sollten der ZLB weitere, über die jährlichen 2,2 Millionen hinausgehende Einsparungen auferlegt werden, „muss die Stiftung erwägen, einen der beiden Standorte für das Publikum zu schließen“. Treffen würde es die Berliner Stadtbibliothek, denn die hat „weniger Publikumsverkehr“.

Zur Erinnerung: Die ZLB als öffentliche Zentralbibliothek des Landes Berlin wurde 1995 als eine Stiftung des öffentlichen Rechts gegründet durch den Zusammenschluss der Berliner Stadtbibliothek (Ost) in der Breiten Straße in Mitte und der Amerika-Gedenkbibliothek (West) am Blücherplatz in Kreuzberg.

„Massiver Stellenabbau von 30 Stellen“

Der Personaletat stellt den Löwenanteil der Ausgaben dar, sagt Heller. Die nötigen Einsparungen sind nur mit einem „massiven Stellenabbau von 30 Stellen“ machbar; das soll über einen Zeitraum von 5 Jahren ohne betriebsbedingte Kündigungen bewerkstelligt werden. Zudem wird es keine neuen Auszubildenden mehr geben.

Der Personalabbau wird sich spürbar auswirken. Die Servicezeit wird sich verringern, also die Stundenzahl, in denen beratendes Personal vor Ort ist, sagt Heller. Es wird weniger Beratungstheken geben. Die beliebte Frischluftbibliothek im Sommer ist gestrichen.

Die beliebte Frischluftbibliothek im Sommer ist gestrichen

Hinzu kommen neben weiteren Verschlechterungen längere Wartezeiten auf Neubestellungen, auch auf Medien aus dem Magazin – heute dauert dort die Auslieferung einer Bestellung eine halbe Stunde, bald vielleicht den ganzen Tag.

Fatal ist der Geldmangel auch mit Blick auf die Veranstaltungen. „Es wird spürbar weniger geben“, sagt der Generaldirektor bedauernd. Das wäre ein herber Verlust. Denn auf dem Programm stehen täglich oft sogar mehrere Formate an den beiden Standorten.

Reduzierte Angebote

Am Donnerstagvormittag zum Beispiel ein Workshop für Schulklassen zum Thema Internetsicherheit und am Abend eine Lesung und samt Diskussion unter dem Titel „Politische Landschaften in Bewegung“ mit dem Soziologen Steffen Mau und der Psychoanalytikerin Annette Simon – kurz vor der Bundestagswahl könnte das spannend werden.

Diese reduzierten Angebote „bedeuten einen erheblichen Rückschritt in der fachlichen Entwicklung der ZLB“, fasst Heller die Misere zusammen. „Das ist angesichts der Leistungen und Erfolge des letzten Jahrzehnts mehr als bitter und ruft auch die Frage nach einer nachhaltigen Entwicklungsperspektive für die öffentliche Bibliothekenlandschaft in Berlin auf, für die die ZLB der zentrale Motor war und auch künftig sein muss.“

Der erhoffte Umzug ins Q207 an der Friedrichstraße zur Behebung „der dysfunktionalen und unwirtschaftlichen Aufteilung der ZLB auf ihre in Teilen maroden Standorte“, ist bekanntlich auf Eis gelegt. Mit anderen Worten und um im Bild zu bleiben: Der Motor kommt ins Stottern.

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1 Kommentar

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  • Eigentlich sollten die öffentlichen Bibliotheken zu den Bildungseinrichtungen und nicht zur Kultur gezählt werden.



    sie leisten seit Jahren Bildungsarbeit mit niedrigschwelligen Angeboten für Kinder und Jugendliche. Nur es wurde nie gewürdigt, statt dessen ist es Verhandlungsmasse im Kutluretat und damit freiwillige Leistung.



    Wer soll denn im Ernstfall ohne Bibliotheken diese Leistungen übernehmen?



    Aber Bildungspolitik findet ja nur für ein paar Wochen vor den Wahlen statt und wird danach wieder eingemottet.