Die Wochenvorschau: Kunst im Spiegel
Die Museumsinsel bekommt eine sehr teure Garderobe und Potsdam einen griechischen Selbstverliebten aus italienischer Hand.
Das mit der Liebe, das kann natürlich auch mal mächtig schiefgehen. In diesem Zusammenhang mag man zum Beispiel an das Schicksal von Narziss erinnern.
Man weiß, dieser Bewohner der unter Umständen reichlich grausamen griechischen Mythologie. Eine Schönheit soll er gewesen sein, der Sohn vom Flussgott Kephissos und der Nymphe Liriope. Schnöde aber wies er alle Verehrerinnen und Verehrer ab, unter anderem auch die Bergnymphe Echo. Mit anderen hatte es Narziss einfach nicht so. Er fand seine Liebe, als er sich mal ans Wasser setzte und sich dabei in sein eigenes Spiegelbild verguckte.
Das alles kann man sich jetzt einfach mal merken und sich zwischendurch Dingen zuwenden, in denen sich der Mensch schon auch gern spiegelt oder sonnt, je nachdem. Es geht also um die Kunst. Und die hat ja auf der Museumsinsel einen ganz besonderen Auftritt bekommen mit der James-Simon-Galerie.
So schick sieht die aus und auch pompös mit der Treppe und dem tempelhaften Kolonnadengang, dass man darüber fast vergessen könnte, dass das von David Chipperfield entworfene Gebäude eigentlich nur einen neuen Eingang schaffen sollte. Die „teuerste Garderobe der Welt“ soll der Bau von den Berlinern deswegen bereits spottweise genannt werden. Hat ja immerhin 134 Millionen Euro gekostet, was am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel als recht ranghohe Steuerzahlerin bauprüfend begucken darf bei der feierlichen Eröffnung.
Einen Tag später, am Samstag, können sich dann auch alle anderen auf der prächtigen Freitreppe und sonstwo in diesem neuen zentralen Eingangsgebäude der Museumsinsel umschauen, bei dem Eröffnungsfest mit einem umfänglichen kostenfreien Aktionsprogramm.
Und, wie war das jetzt nochmal mit dem Narziss?
Mit seiner Geschichte hat man jedenfalls schon mal ein prima Smalltalk-Wissen, wenn man demnächst beabsichtigt, im Museum Barberini in Potsdam vorbeizuschauen. Dort werden ab Samstag „Wege des Barock“ gezeigt – und Prunkstück dieser Ausstellung mit 54 Werken Alter Meister ist eben ein Bild von Caravaggio, auf dem ein Jüngling zu sehen ist, am Wasser kauernd, so fragend wie liebevoll sein Spiegelbild betrachtend. Caravaggios „Narziss“.
Was bei seiner Liebe schief lief? Als einmal ein Blatt ins Wasser fiel, heißt es, trübten die Wellen sein Spiegelbild derart, dass Narziss meinte, plötzlich hässlich geworden zu sein. Halt ein ganz besonderer Fall von body shaming. Er wollte es nicht ertragen. Und starb.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bis 1,30 Euro pro Kilowattstunde
Dunkelflaute lässt Strompreis explodieren
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Krise bei Volkswagen
1.000 Befristete müssen gehen
Armut in Deutschland
Wohnen wird zum Luxus
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
Desaströse Lage in der Ukraine
Kyjiws Wunschzettel bleibt im dritten Kriegswinter unerfüllt