Die Wochenvorschau für Berlin: Bye bye Brandmauer
Der BVG-Streik legt Berlin lahm – aber nicht genug, um den Rechtsruck zu bremsen. Ausgerechnet am Holocaust-Gedenktag kriegt die AfD mehr als eine Bühne.

Wer Fähre fährt, bleibt mobil: Die Öffi-Boote sind nicht vom Streik der BVG-Beschäftigten am Montag betroffen, der U-Bahnen, Trams und viele Busse für 24 Stunden stilllegt. Über Wannsee, Spree und Dahme können Berliner*innen mit gültigem Fahrschein also entspannt schippern, auch S- und Regionalbahnen fahren wie gewohnt.
Die Schnösel, die am Montag zum „Wirtschaftsgipfel“ der Springer-Zeitung Welt anreisen, bekommen in ihren Limousinen sowieso wenig vom Arbeitskampf der Bus- und Bahnfahrer*innen mit. Doch auf eine reibungslose Ankunft dürfen auch sie sich nicht verlassen: Antifa- und Klimagruppen haben Proteste angekündigt.
Der ist auch bitter nötig, denn zum Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz bröckeln allerorten die letzten Überreste der vermeintlichen Brandmauer zur AfD. Etwa darf Alice Weidel beim „Wirtschaftsgipfel“ auftreten.
Auch in Karlshorst wird dem parlamentarischen Arm des Rechtsextremismus ausgerechnet am Montag eine Bühne geboten. Dort hat der örtliche Bürgerverein ein Podium zur Bundestagswahl mit den Wahlkreis-Kandidat*innen organisiert – und somit auch die AfD-Adlige Beatrix von Storch eingeladen. SPD, Linke und Grüne protestieren, der CDU-Kandidat sieht kein Problem.
Schoah-Gedenken und KI im Museum
Würdevoller geht es bei den Gedenkveranstaltungen an die Schoah zu. In Pankow etwa gibt es eine Lichterkette, in Lichtenberg die traditionelle „Lichtaktion“, bei denen Namen von Ermordeten und Vertriebenen ans Stadthaus projiziert werden. In Friedrichshain wird eine Gedenktafel für die ehemalige Lippmann-Tauß-Synagoge eingeweiht. Und in Mitte legt der Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Jürgen Dusel, einen Kranz für die Opfer der „Euthanasie“-Verbrechen nieder.
Am Dienstag fährt die BVG wieder – wie praktisch, wenn man zum Deutschen Technikmuseum an der Möckernbrücke (U1, U3, U7) will, wo eine Ausstellung über künstliche Intelligenz (KI) startet. Auch der parteilose Bundesdigitalminister Volker Wissing sucht dort ab 15 Uhr nach Antworten auf die Fragen: „Wie funktioniert KI? Wo kann sie sinnvoll eingesetzt werden? Was macht sie vertrauenswürdig?“
Neoliberalismus und ein bisschen Glamour
Zurück zum Thema Brandmauer. Dem Kapital ist es schnurzegal, ob Faschos an die Macht kommen – Hauptsache, das Geschäft läuft wie geschmiert. Dazu liefert am Mittwoch eine Demo der neoliberalen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft weiteres Anschauungsmaterial. Die beteiligten Unternehmen sorgen sich vor der Wahl vor allem um die Wettbewerbsfähigkeit und fordern, „unserer Wirtschaft die Fesseln abzunehmen“. Was das heißt? „Nicht weiter steigende Sozialabgaben“ und „ein flexibleres Arbeitsrecht“. Aha.
Ablenkung verspricht das bisschen Glamour, das die Fashion Week am Wochenende in die Hauptstadt tragen will. Los geht’s am Freitag mit Shows unter anderem im Kraftwerk. Wer nicht so sehr auf Mainstream und Konsum steht, findet am Wochenende vielleicht bei dem Medienkunst-Festival Transmediale eine Nische. Noch Experimentelleres verspricht das CTM Festival, das noch bis Sonntag läuft.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!