Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Der Gerichtshof ist zu prüde für „Fack ju Göthe“, Klonen ist wohl doch nicht so einfach und Özdemir könnte Kretschmanns Nachfolger werden.

Hua Hua – einer der ersten zwei Affen, die nach Dolly-Methode geklont wurden

Zwei Überlebende von 300 Embryonen: Die Dolly-Methode funktioniert brutal schlecht bei Affen Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Unglaublich: Özdemir mit 52 Elder Statesman.

Und was wird besser in dieser?

Noch unglaublicher: Kretschmann belobigt Özdemir so, dass er sein Nachfolger werden könnte.

Der Filmtitel „Fack ju Göhte“ ist laut EU-Gericht zu vulgär, um ihn als Marke einzutragen. Geht’s noch prüder?

„Leck mich, Gerichtshof“ mögen die Produzenten denken, zumal sie für „Leck mich, Schiller“ 2015 bereits Markenschutz beim Deutschen Patentamt bekamen. Unberührt vom Markenschutz verfügen sie aber über den Titelschutz, das heißt: Brächte nun jemand Shampoo, Schnaps oder Lehrerkalender unter dem „Fack ju“-Titel auf den Markt, könnte man ihn halt über den Titelschutz belangen statt über den Markenschutz. Zudem kann in nächster Instanz der Europäische Gerichtshof das Urteil wieder kassieren – und eine weitere Welle von Meldungen ernten. Spätestens dann erstrahlt die goldene PR-Regel: Scheißegal, Hauptsache der Name ist richtig geschrieben.

22 Jahre nach Klonschaf Dolly haben chinesische Forscher Affen für Tierversuche geklont. Gleichzeitig sagen sie, Menschenklone seien theoretisch machbar, man sehe derzeit aber „keine Notwendigkeit“. Sehen Sie eine?

Zhong Zhong und Hua Hua – zusammen etwa „Chinesische Nation“ – sind die beiden Überlebenden von 300 künstlichen Embryonen. Die Dolly-Methode funktioniert also brutal schlecht bei Affen. Kann man auch lesen als: Die komplizierteren Menschenaffen oder Menschen eignen sich derzeit für diese Methode noch nicht. Noch. Eine besonders gerissene Begründung für den Versuch natternzüngelt: Erzeugte man mehr genetisch identische Affen, sparte man natürlich geborenen Makaken ihre traurigen Karrieren als Versuchstiere. Danach wäre amoralisch, wer gegen Klonwesen einträte. Da ich diesen Gedanken denken kann, rate ich davon ab, mich zu klonen.

Die Koalitionsverhandlungen sind gestartet, Martin Schulz will wohl Minister werden. Unterdessen geht der „Zwergenaufstand“ der Jusos weiter: Sie rufen dazu auf, in die SPD einzutreten, um gegen die Groko abzustimmen. Ist die Zeit gekommen, sich ein rotes Parteibuch zuzulegen?

„Heinzen“ war im mittelalterlichen Bergbau die Handarbeit, Grubenwasser auszuscheppen. In die niedrigen Erzstollen zwang man Kleinwüchsige und Kinder, die dort knechteten und vegetierten. Das ist der Legendenkern der Heinzelmännchen. Kurz: Die SPD war schon immer die Partei der Zwerge. Wie war Ihre Frage noch mal? Ja. „Tritt ein, sag nein“-Studenten etwa können für 10 Euro zwei Monate Stallgeruch inhalieren. Das gute Recht der Jusos, aber Obacht: Ist die SPD nicht schon 2005 der CDU beigetreten?

Ikea-Gründer Ingvar Kamprad ist mit 91 Jahren gestorben. Was rufen Sie ihm nach?

„Wohnst Du noch oder lebst Du schon?“ Okay, nach solide verwandelten Elfern wie „Paul Bocuse gibt den Löffel ab“ nun ein paar Oneliner zu „Ingvar … Sarg Gammelgard oder Alufolie zum Selberdrehen?“

...ist Fernsehproduzent, Moderator und hat ein inzwischen 36 Jahre altes Klippan im Büro.

40 Jahre Tunix-Kongress, in der taz werden alle ganz nostalgisch. Die taz entstand damals aus einer systemischen Medienkritik heraus – die kommt heute hauptsächlich aus der AfD und von Verschwörungstheoretikern. Würden Sie nicht auch gerne mal wieder „Systempresse“ sagen?

Na ja, wenn man den Spiegelmit seiner Demagogie gegen die Öffentlich-Rechtlichen unter „AfD und Verschwörungstheoretiker“ rechnet, ist die Lage ähnlich unübersichtlich. Tunix fand zwischen Maoisten und DDR-Stalinisten den Weg ab durch die Mitte zu „alternativen“ Parteien und auch zur taz-Gründung. Ein übersehener Unterschied: Damals waren die Produktionsmittel für Massenmedien unerschwinglich, heute kann jeder mal. Ich schaffe es nicht, das schlecht zu finden.

Der Saarländische Rundfunk und eine Produktionsfirma ließen Indizien gegen Dieter Wedel in Aktenschränken vergammeln, hat Die Zeit aufgedeckt. Sollten die Intendanten jetzt alle mal in ihre Archive hinabsteigen?

Das scheint die wesentliche Parallele zum Fall Weinstein: nicht die Welle jetzt, sondern dass ein entsprechender Ruf eines Kandidaten jahrzehntelang unter „Künstlermarotte“ weggebucht wird, wenn das Geschäft funktioniert.

Und was machen die Borussen?

Schwatzgelb.de erinnert daran, dass beim jüngsten Spiel per Banner an die Befreiung von Auschwitz erinnert wurde, bis sich jemand daran erinnerte, dass die Banden in der zweiten Halbzeit an eine Biermarke erinnern müssen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.