Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Bundesturnbeutel de Maizière, Sommermärchenonkel Hoeneß, Dressurreiterin Merkel und überhaupt, die Borussen – die Woche im Überblick.

Uli Hoeness neben Franz Beckenbauer

Das ist er, der neue Hoeneß Foto: dpa

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Gold im Diskurswerfen.

Und was wird besser in dieser?

Hehe, lies noch mal.

Erdoğan und Putin haben sich wie­der lieb. Wohin führt die neue Freundschaft?

Zum Weltfrieden natürlich. Was nutzen einem Krim und Schwarzmeerflotte, wann man bei Istanbul nicht durchdarf ins Mittelmeer? Die zaristischen Militärs hätten das gern schon im Ersten Weltkrieg mit erledigt, und je wackliger heute die russische Militärpräsenz in Syrien wird, desto relevanter die Alternative via formerly known as Konstantinopel. Kurz: Beteilige Putin an der Nach-Assad-Entwicklung in Syrien und separiere ihn so von Erdoğan. Oder umgekehrt.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière stockt auf im Kampf gegen den Terror: mehr Sicherheitskräfte, schnellere Abschiebungen von kriminellen Ausländern. Wird das Terroristen abschrecken?

Ja. Der wird nie wieder von Terroristen gewählt.

Vielen in der Union geht das nicht weit genug: Sie wollen auch Burkas verbieten. Wenn das so effektiv wäre, wieso gab es dann in Frankreich, wo die Vollverschleierung verboten ist, in letzter Zeit so viele Terroranschläge?

Und wieso erteilen katholisch verkleidete Glaubenspinguine Religionsunterricht an staatlichen Schulen hier? Der Staat kann und muss über „seine“ Sphäre wachen, und da versagt er, von Kirchensteuer über Konfessionsschule bis hin zu Ornat tragenden Lehrkräften. Gerade die Union erwarb sich bleibende Verdienste um bleibende Kreuze in Klassenzimmern. Außerdem hat Burkhard Hirsch (FDP) Vorratsdatenspeicherung und Lauschangriff gestoppt und soll zur Strafe jetzt also RD heißen, das hat er nun davon.

Uli Hoeneß ist zurück und liefert das schönste Sommermärchen über Reue, Vergebung und die zweite Chance. Folgt die Initiative „Führerschein für Martin Semmelrogge“?

Strafe verbüßt, alles auf null: Der neue Hoeneß ist künftig Kronzeuge für einen sozialen Rechtsstaat, den er nicht leiden kann. Super gelaufen. Die BVB-Profis müssten mit Helm und Grubenlampe spielen, um so überzeugend die ortsübliche Folklore zu transportieren wie der skrupellose Altbauer als Bayernboss.

Welches Statement von Donald Trump war ihr liebstes diese Woche?

Die vielbepreiste Faktencheckseite politifact.com prüft politische Äußerungen und sortiert sie von „richtig“ über „mehrheitlich falsch“ bis zu „falsch“. Bei Trump fielen 75 Prozent der Äußerungen unter „teils falsch“, „falsch“ und die Sonderkategorie „so falsch, dass die Hose brennt“ („Liar, liar, pants on fire“). Deswegen kürzte „politifact“ das Verfahren ab und bewertete statt einzelner Quotes Trump insgesamt zur „Lüge des Jahres“.

Olympia zeigt: Die deutschen Tugenden sind reiten, schießen, rudern. Bleiben wir da ewig ungeschlagen?

Was erwarten Sie von einer Equipe, die winters zu zwei, sommers zu gut einem Drittel aus Soldaten, Polizisten und Zöllnern besteht? Das deutsche Team ist ein hübsch verkleideter Auslandseinsatz, und „Military“ heißt seit 2000 „Vielseitigkeit“. Bundesturnbeutel de Maizière finanziert die Sause wesentlich mit, wie auch das „Institut für angewandte Trainingswissenschaft“ in Leipzig. Wohingegen so was in Russland schändlicherweise staatlich organisiert ist. Welcher hirnseits abgestorbene Eiszapfen kommt auf die Idee, auf Skiern mit einer Wumme durch den Winterwald zu ballern?

Der „Gebirgsjäger“ natürlich, und diese Waffengattung trägt bei den Friedensspielen die Tarnfarbe „Biathlon“. Sportarten rings ums Pferd oder Segelboot sind teuer und aus Zentral­afrika nicht sehr stark konkurriert. Beim Schießen hingegen wähnt man Schützenfestdeutsche at their best. „Gold im Schnellfeuer – peng, peng, peng“ oder „Reitz klagt über Image der Schützen“: Solche Schlagzeilen zeigen die versöhnende Kraft des Sports nach den letzten Wochen.

Die SPD fordert, Vätern, die keinen Unterhalt zahlen, soll der Führerschein weggenommen werden. Eine angemessene Strafe?

Ja, umgekehrt wär’s doch Bullshit! „Wer schlecht fährt, muss sich auch nicht mehr um die Blagen kümmern“. Da würden bei BMW doch die Werbetexter grübeln, wie sie es schonend in die Kampagne einpflegen. („Die Kinder bringen mich zum Rasen.“) Nein. Wo man bei jugendlichen Straftätern über die „fehlende Reife“ vom Ladendiebstahl auf Führerscheinentzug schließen mag, nimmt man dem säumigen Vater mit der Fleppe auch die theoretische Chance, irgendwann wieder einen Job zu haben und zu zahlen.

Lohnpfändung, auch Pfändung des Autos oberhalb einer vertretbaren Mobilitätsgrenze – alles in Ordnung. Dahinter beginnt Willkür. Warum nicht mal das Wahlrecht entziehen. Und eindeutig steht die Strafe, die Rachlust im Vordergrund – den Kindern hilft es nichts. „Papa ist doof, muss aber Bus fahren.“ Toll. Also Willkür, Rachlust und gegen ein Geschlecht gerichtet. Hm. Was hätte die Arbeitsgemeinschaft kritischer Frauen in der AfD hier anders gemacht ?

Japans Kaiser pfeift auf die Amtsenthebung-durch-Tod-Tradition und überlegt laut, ob er der Aufgabe noch gewachsen ist. Wer sollte noch abdanken?

Der Tenno im Ratzinger-Groove! Kuhl! Wir haben ja 2018 auch „100 Jahre Abdankung“ in Aussicht, und dann bald Großbritannien „100 Jahre Elisabeth“! Wenn die nicht aus Großbritannien austritt! Doch zum heimtückischen Hintergrund Ihrer Frage: Nein, Merkel bleibt. Das kannst du lange machen, ist ja wie Dressurreiten.

Und was machen die Borussen?

Trainer Tuchel beschreibt sein Team als in „Kultur-, Sprach-, Länder- und Mannschaftswechseln“ begriffen. Klüger als Merkel („Wir schaffen das“) dann aber weiter: „Wir sind noch nicht in Topform“.

FRAGEN: AFRO und AWEI

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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