Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Maas lässt sich von „Bild am Sonntag“ antanzen, „Mein Kampf“ kann nichts, und am EU-Rand entsteht ein Rabaukenriegel.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Erste Nassrasur 2016.
Was wird besser in dieser?
Werde von schlagenden Burschenschaftern als Gesinnungsgenosse respektiert.
In der kritischen Ausgabe des Münchener Instituts für Zeitgeschichte kämpfen 3.500 Anmerkungen gegen das Hetzpotenzial von „Mein Kampf“. Wer gewinnt?
Das Buch hat ein geringes Potenzial als Schwenkfutter bei NPD-Aufmärschen. Ansonsten ist es so rattenschlecht, dass die Debatte nach der Grundmelodie „Na warte, sagt Schwarte“ fehlgeht. Das Buch kann nichts.
Noch irgendwelche Klarheiten zu den Ereignissen der Kölner Silvesternacht?
Ach, das ist so überkocht und heillos übermeint, da kann ich auch noch einen rhetorischen Karnevalswagen losschicken. Immerhin sind bereits alle üblichen Verdächtigen benannt: der Islam, Migration, Asylbewerber, die Kölner Polizei, linke Fremdenfreunde, Merkels offene Arme, und irgendwie hat auch die neue OB Reker genau das Falsche gesagt. Da fällt es schwer, sich die Arschlöcher auf Darmlänge vom Hals zu halten. Eben noch wollte ich Justizminister Maas als vergleichsweise besonnen loben, da lässt er sich übel von der Bild am Sonntag antanzen und liefert: Das „scheint in irgendeiner Form geplant worden zu sein. Niemand kann mir erzählen, dass das nicht abgestimmt und vorbereitet wurde.“ Als Polizist würde ich kündigen, wenn mir der oberste Dienstherr vorab das gewünschte Ermittlungsergebnis in den Medien bekannt gäbe.
In der Domstadt scheint so einiges schiefzulaufen. Löst Köln jetzt endgültig Berlin als Skandalstadt ab?
Köln hat bei seiner Opern-Sanierung auf die gleiche Insolvenzbude Imtech gesetzt wie die Berliner bei ihrem Flughafen, was zuverlässig zu drei Jahren Bauverzug führte. Die Baukosten für die Fidelbude überpurzelten sich inzwischen auf 400 Millionen Euro, wir warten auf die Bürgerinitiative „Flughafen wäre billiger gewesen, klingt auch geiler“. Da man vergessen hatte, für Bauverzug Ersatzspielstätten zu buchen, bestand Hoffnung, die örtlichen Symphoniker spielten alsbald in der Fußgängerzone auf. Ein sicherer Ort, Fußgängerzonen können nicht einstürzen wie etwa das legendäre Archivhaus. Oder zwanglos absacken – wie der Hubschrauberlandeplatz, den die Stadt auf dem verharmlosend „Kalkberg“ gekosten Abfallhaufen der chemischen Fabrik Köln-Kalk baute. Der Bau presste den Müllberg so zusammen, dass er nun 15 Zentimeter schief steht – vielleicht sollten Rettungshubschrauber Köln nur ordentlich betrunken anfliegen. Nun du, Berlin.
Wegen Köln weigert sich die Slowakei, muslimische Einwanderer aufzunehmen. Was passiert da gerade?
Nichts. Nur anders verpackt. Die Slowakei nahm 2015 acht Asylbewerber auf und postulierte auch schon „vor Köln“, Christen ließen sich nun mal besser in die Slowakei integrieren. Was je nach Zustand der Slowakei eine ziemliche Schmähung des Christentums, der Nächstenliebe und der Slowakei darstellt. Mit Ungarn, Polen und der Slowakei tut sich ein rechtschaffener Rabaukenriegel am Ostrand der EU auf. Die EU hat Mitglieder, die Feinde völlig überflüssig machen.
Die Briten fordern ein Einreiseverbot für Donald Trump wegen seiner fremdenfeindlichen Hassreden. Auch der Grüne Dieter Janecek spricht sich für ein Einreiseverbot aus. Nun wird Trump sicher umdenken, oder?
Solange Großbritannien für die Einfuhr von Hunden einen Impfpass, Tollwutschutznachweis und einen implantierten Chip verlangt, hätte Trump ja schon Probleme, allein seine Frisur reinzubekommen. Schaut man von Trumps Thesen – „Einreiseverbot für Muslime in die USA“ – auf 9/11 zurück, ergibt sich die Frage, ob es ein Verbrechen war oder auch der Ausbruch einer seelischen Erkrankung. Und ob sich die Hassprediger der anderen Seite einen besseren Partner wünschen könnten als Trump.
Zum ersten Mal in der Geschichte kommen einem US-Präsidenten öffentlich die Tränen. Obama weint während der Forderung nach einem schärferen Waffengesetz. Werden sich die Republikaner erweichen lassen?
Das mag große Schauspielkunst sein oder ehrliche Ergriffenheit, eine Mischung aus beidem wäre auch nicht so schlimm – wie etwa, wenn Verkehrsminister Dobrindt unter Tränen für ein Tempolimit in Deutschland aufstünde.
Und was machen die Borussen?
Allein die Meldung, der FC Bayern verbringe sein Wintertrainingslager wieder bei Freunden in Katar, kann als großer Erfolg für die Abt. Imagepflege des BVB gewertet werden. Eine Woche Sonderurlaub für alle dort.
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