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Die WocheWie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Schwarz-Gelb macht bei Kohl und Kinkel weiter, bietet Konjunktiv statt Konjunktur, und Schäuble muss es wieder mal ausbaden.

Interview von

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Bayern verliert Leutheusser-Schnarrenberger.

Was wird besser in dieser?

Westerwelle bringt die Liberale im Kabinett Merkel unter, die er für das Kabinett Kohl geopfert hatte.

Erst plant die neue Koalition einen zwielichtigen Schattenhaushalt, dann wieder nicht. Was lässt das erwarten?

Der Himmel wird sich verfinstern und Zeiten großer Wirrnis werden das Volk irre machen. Na ja oder die retten sich jetzt erst mal über Rüttgers NRW-Wahl im Mai 2010. Die Steuerreform wollen sie "wenn möglich" 2011 machen. Das Unvermögen, die Sozialversicherung zu sanieren, bekommt aus Steuermitteln eine neue Vorsilbe und heißt dann "Sondervermögen". Es geht nahtlos da weiter, wo Kohl & Kinkel havarierten: Die Abschaffung der paritätischen Sozialversicherung. Pflege? Ein Tag mehr arbeiten. Gesundheit? Arbeitgeberanteil wird eingefroren. Rente? Ohne Zusatz aus Steuern droht Altersarmut. Arbeitslos? 30 Jahre einzahlen, und dann schnell in die Sozialhilfe abschieben. Es gibt keine paritätische Sozialversicherung mehr, sondern alle vier Säulen werden 70 bis 90 Prozent arbeitnehmer- und steuerfinanziert. Diese neue Bundesregierung mag stehen wo immer - sozialpolitisch steht sie rechts von Bismarck.

Bild: taz
Im Interview: 

Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.

Die Wehrpflicht wird auf sechs Monate gekürzt. Tolle Sache?

Ein klares "Stillgestanden" ans eigene Gehirn, woll ja. Die Wehrpflichtigen, die jeden Kampfeinsatz ablehnen können, sind unsere Friedensversicherung. Entsprechend gierig drängen die einen aus Populismus, die andern aber aus Militarismus auf eine Berufsarmee. Drittens wird die Wehrgerechtigkeit immer fadenscheiniger bei nur noch 20 Prozent Eingezogenen pro Jahrgang, und viertens: Mach heute eine Freiwilligen- oder Berufsarmee und du hast morgen die Wiking-Jugend unter Waffen, staatlich bezahlt. Ich bin tief erleichtert, dass die Wehrpflicht bleibt, denn schließlich muss man die inzwischen sogar vor den Grünen verteidigen. Mehr als ein Stillstand war in dieser Konstellation nicht drin. Ein Soziales Pflichtjahr für beide Geschlechter mit der Option, stattdessen zum Bund zu gehen - das wäre mein Wunsch.

Schäuble geht nicht in Rente, sondern ins Finanzministerium. Womit hat er das verdient? Und womit wir einen Außenverteidiger Guttenberg?

Unpopuläre Politik muss man von populären Politikern machen lassen, dann bekommen die Leute die Helmut-Schmidt-Anbetungsstarre und sagen brav danke für Ohrfeigen. Die zehn deutschen Kriegsbeteiligungen sind noch wesentlich unpopulärer, als das Schweigekartell aus Union und SPD es thematisierte. In die Opposition entlassen, werden SPD und Grüne das misshandelte Pflegekind "Pazifismus" von der Linkspartei zurückfordern. Schäuble als Kassenwart: Wie immer, die FDP fordert eine Steuerreform und dann lässt sie die Arbeit andere machen und nimmt den Messeeröffnungsjob nebenan im Wirtschaftsministerium. Mir scheint das Finanzministerium der undankbarste Job und Schäuble, auch mit Blick auf sein Alter, der Erpressbarste.

Vollenden Sie bitte den Satz: Die Koalition kreißte und gebar …?

… in unserem Geschäft heißt so was neuerdings "scripted reality". Als Serientitel böte sich "Konjunktiv statt Konjunktur" an. Im Detail enthält es ne Menge Geschenke an Großunternehmen, ob nun private Versicherer oder multinational bilanzierende Konzerne. Im großen Ganzen kann man kaum erkennen, wo es hingegen soll. Ein "new deal" weniger als ein "old sausage".

Frau Merkel will ihren Hausarzt konsultieren, ob sie sich gegen die neue Grippe impfen lassen soll. Was rät Ihr Hausarzt?

Mein Hausarzt praktiziert 1,4 Kilometer Luftlinie entfernt vom Westfalenstadion, hat blau-weiße Lamellen am Sprechstundenfenster und Fotos von Schalke-Spielern im Beratungszimmer. Er versteht sich als Albert Schweitzer der Allgemeinmedizin und sagt: Wenn er nur eine BVB-Seele rettet, war das alles nicht umsonst. Seit ich weiß, dass er Schalker ist, vermeide ich unnötige Arztbesuche. Ich vermute dahinter ein heimtückisches Konzept der Kassenärztlichen Vereinigung. Ansonsten ist er ein Superarzt und hat mir das Rauchen abgewöhnt.

Quelle ist versiegt. Schlimm?

Habe es geschafft, in diesem Leben dort nicht zu kaufen. Wie man im Zeitalter von Ebay, Amazon und ähnlichen Anbietern ein Versandhaus vernichten kann, müsste einem das Management mal bei einem Napf Wasser und Brot erklären.

Das Internet wird 40 Jahre alt. Und Sie bloggen nicht, twittern nicht und haben keine Myspace-Seite. Warum so renitent?

Würden Sie das ggf. bezahlen?

Und was machen die Borussen?

BVB vor Stuttgart, Hertha, knapp hinter Meister Wolfsburg, spielt unentschieden gegen Tabellenführer Leverkusen: liest sich nach drittem, ist jedoch zehnter Platz und fühlte sich zeitweise nach letztem Platz an. Als Spezialist für Furios-zu-spät-Loslegen wird hier keiner alt, auch kein Netter.

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12 Kommentare

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  • MR
    Michael Richter

    Sehr geehrter Herr Küppersbusch,

    mit Entsetzen habe ich gerade Ihre Befürwortung des Sozialen Pflichtjahres gelesen. Als Sozialarbeiter, der mit Freiwilligen im FSJ arbeitet muss ich dem entschieden wiedersprechen. Ein Pflichtjahr, abgesehen von den verfassungsrechtlichen Bedenken die dem entgegenstehen, würde die Situation nicht verbessern. Ohne Zivildienstleistende pauschal verprellen zu wollen, aber in der Breite ist die Motivation in Pflichtdiensten immer eine fragwürdige und fragile Angelegenheit und gerade in der schwierigen Arbeit im Sozialbereich bleibt intrinsische Motivation unerlässlich. Ein Pflichtjahr würde zwar viele Menschen in die Arbeit am Menschen bringen und mit Sicherheit auch viele, die mit Herz und Hand bei der Sache sind.

    Aber die Voraussetzungen für die Arbeit im Sozialbereich, die persönliche Reife, bringen viele junge Menschen nicht unbedingt mit. Was tun wir mit denen? In Hausmeistertätigkeiten einsetzen? Wieviele Hauptamtliche werden dort verdrängt?

    Bitte, überdenken Sie diese Postion dringend noch einmal und sprechen Sie mit den Fachkräften im Sozialwesen!

  • HS
    Herrn Schmilz

    Ein Vorteil der Wehrpflicht, den ich hier noch nicht gelesen habe: Wenn die Grundgesamtheit "männlich und volljährig" als Kanonenfutter in Betracht kommt, kann es jeden treffen, auch die Söhne und Enkel der Entscheider.

    Eine bessere Methode zur Herbeiführung von Besonnenheit beim Einsatz von jungen Männern als menschliche Schutzschilde mit politischer Zielsetzung ist noch nicht erfunden worden.

    Und was grundgesetzliche Regelungen sowie geltendes Völkerrecht Wert sind (Bundeswehr ist eine Verteidigungsarmee, Angriffskriege sind Pfui...) haben uns ja schon Jockel Fischer und Scharpings Rudi eindrucksvoll bewiesen.

  • KK
    Klaus Keller

    @Zivi:Glauben sie wirklich das der Wehrpflichtige Obergerfreite seinen Kompaniechef oder den Divisionskomandeur kontrolliert.Ich lach mich tot.

    Für einen Wehrpflichtigen hat schon mit etwas Pech ein Feldwebel Halbgottstatus

     

    Ein Wehrpflichtiger dient nicht zwangsweise im Ausland, und er schaut auch nicht dem Oberst auf die Finger wenn er Bomben werfen läßt.Er hilft allenfalls beim beladen des Flugzeugs.

     

    Als ex W15er und nach Arbeitslosigkeit ex SaZ5 und schließlich anerkannter Kriegsdienstverweigerer hab ich genug davon gesehen was die Organisationsprinzipien in diesem Verein angeht.

    Schlicht von oben nach unten!

     

    klaus keller hanau

  • Z
    Zivi

    Herr Keller, ich bitte zu bedenken:

    Je mehr normale Leute - also unsportliche Dicke, langsame Dünne, phlegmatische Intelektuelle, lebenslustige Demokraten - je mehr Zivilisten sich in einer Armee tummeln, um so mehr innere Reibung und bürgerliche Kontrolle und zivilistische Regulation findet dort statt.

    Das ist das ganze Konzept.

    Und was ich so zu hören bekomme von Leuten, die tatsächlich dort waren, so funktioniert die Idee einer *bürgerlichen* Armee auch ganz gut.

    Nur, je professioneller, umso aggressiver wird sich eine Armee gerieren. Jetzt haben wir schon zwei Kriege, das wird dann nicht weniger werden, sondern eher mehr. Irgendwo rauchts ja immer im Karton, und irgendeinen Grund wird dann auch gefunden werden.

    Das kann man doch nicht wollen!

    Lieber ein Jahr verloren und dafür in einem friedliebendem Deutschland leben.

  • P
    pordé

    hr. küppersbusch 2 punkte

     

    ein napf wasser und brot hilft bei dem bankrott von quelle auch nicht. schuld sind völlig veraltete produktlinien und marketingkommunikationen. was man vom bekanntheitsgrad aus gesehen aus diesem haus mit einem gesundem selbstbewußtsein hätte machen können, das solle die werte herren uns einmal bei einem glas bier erzählen. armes deutschland.

     

    schönen gruß an ihren arzt, ich schätze mal gut schalke kann noch werte vermitteln, was bei der rauchentwöhnung wirklich helfen soll.

  • S
    stephen

    die konjunktur muß angekurbelt werden.

    der konjunktiv jetzt ob in gegenwart oder vergangenheit hilft nicht darüber hinweg, daß es eine entschlossenheit zur zukunft geben muß. direkt betrachtet ist mir da eine moderne wirtschaftspolitik der fdp sogar lieber.

  • HR
    hein-oliver ro

    man kann doch nicht mit einer erpressung der kriegs- und terrorindustrie berufarmee einfach die beibehaltung dieser zwangsarbeit rechtfertigen. anders gesehen, bleibt aber trotzdem diskutabel. man sollte sich vielleicht mal am model costa rica orientieren oder gleich eine art freiwilligen volkssturm etablieren. da ergääben sich ganz neue möglichkeiten.

  • H
    heine

    rechts von bismark kommt nur noch das schlaraffenland. masseltov

  • FS
    Frau SunshineReggae

    Inwiefern verliert bayern frau leutheuser-schnarrenberger? ich versteh das nicht. und was soll da liberal sein, außer der freie kapitalfluß? da müssten echt ein paar antworten drin sein...

  • S
    schwarzertom

    Küppi, ich liebe Dich, jedenfalls platonisch !

     

    Mach weiter so und alles Gute :-)

  • D
    deublat

    "Aus den ganzen Zivildienststellen sollte man normal bezahlte Jobs machen, das Staatliche Lohndumping im sozialen Bereich ist abzuschaffen."

     

    Herr Keller, das wäre zu schön um wahr zu sein. Leider möchte das niemand bezahlen... Es ist ja nicht mal genug Geld da, um die derzeitigen Mitarbeiter ordentlich zu bezahlen, überall wird privatisiert und über outgesourcte Bereiche der Lohn nach unten gedrückt - da gibt es dann kein TVÖD mehr, sondern 6,50 Euro pro Stunde. Die Steuerzahler wollen die Krankenhäuser nicht besser finanzieren, die Krankenkassen dürfen es nicht und das MfG hat die Unterfinanzierung quasi angeordnet. Die Wahrheit: Ohne Zivis bricht alles zusammen.

  • KK
    Klaus Keller

    Ein Soziales Pflichtjahr für beide Geschlechter mit der Option, stattdessen zum Bund zu gehen - das wäre mein Wunsch.??? wie Bitte??

    Einführung der Zwangsarbeit für alle,tolle Idee.

    Dieser Quatsch stand auch auf der Internetseite des CDU-Direktkandidaten im Main-Kinzig-Kreis.

     

    Bergründen Sie mal rasch das aufrechterhalten eines Zwangsdienstes.

    6-Monate Zwangsdienst weil man einen deutschen Pass hat und männlich ist wird nicht besser wenn man auch Frauen Zwangsverpflichtet.

     

    Aus den ganzen Zivildienststellen sollte man normal bezahlte Jobs machen, das Staatliche Lohndumping im sozialen Bereich ist abzuschaffen.

     

    PS die Rechten streben auch mit Wehrpflicht zum wehrertüchtigungslager Bundeswehr,so sie denn willens und tauglich sind, an liebsten vermutlich zu Spezialkräften.

     

    klaus keller hanau