Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Schlecht brämende Gesundheitspolitik, Methadonprogramme für NRW und: Oberbestimmer-Spielchen ruinieren die Fußballkunst.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der vergangenen Woche?
Friedrich Küppersbusch: Löw und Bierhoff müssen erst nachdenken, ob sie weitermachen.
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.
Was wird besser in dieser?
Sie stecken damit Merkel und Westerwelle an.
Erklären Sie uns doch bitte in drei Sätzen die schwarz-gelbe Gesundheitsreform. Und in den nächsten drei, warum viele Unionspolitiker auch damit nicht zufrieden sind.
Nach der Nummer muss man bange fragen, ob die Regierung überhaupt irgendwas hinbekäme, wogegen Menschen auf die Straße gingen. Im Berufsleben heißt so was "Arbeitsverweigerung" und ist ein Kündigungsgrund. Die drei Sätze noch eben: 1. Die Pharmaindustrie hat längst Kohle, Stahl und Anlagenbau abgehängt und versteht das deutsche Gesundheitssystem als Organisationsform ihrer Subventionierung. 2. Gesundheitspolitik besteht seit 30 Jahren darin, die Steuerfinanzierung dieser Industrie zu verbrämen. 3. Diesmal brämts besonders schlecht.
Sie werden endlich wieder ordentlich rot-grün regiert. Welche Wünsche haben Sie als Untertan an die neuen Herrscher?
Schulreform: Ich möchte, dass meine Tochter nicht mehr neun bis zehn Stunden Unterricht hat an einer Schule, die auf ihre Mensa noch wartet. Energiereform: Die NRW-Industrie braucht Methadonprogramme für die harten Drogen wie Automobilbau und chemische Keulen. Rot-Rot-Grün: Möge in Düsseldorf eine Alternative zu Berlin entstehen.
Ausgerechnet der ZDF-Mann Steffen Seibert soll das Image von Schwarz-Gelb retten. Subtile Rache des Zweiten für den unionsgeführten Rauswurf von Nikolaus Brender?
Brender hat sich so mannhaft um die überparteiliche Unterstützung der SPD bemüht, dass er nun nicht enttäuscht sein wird. - Sein Nachfolger, ZDF-Chefredakteur Peter Frey, verabschiedet Kollegen Seibert mit der kollegialen Blutgrätsche "Wir bedauern, dass Steffen Seibert seine Perspektive nicht im Journalismus gesehen hat." Damit ist alles über den Job als Chefpropagandist der Bundesregierung gesagt. Und zwar seit je: Conny Ahlers z. B. mitbegründete die Junge Union, pressesprach im Verteidigungsministerium, trug dessen Geheimnisse in den Spiegel und löste so die Spiegel-Affäre aus. Wechselte zur SPD, wurde Regierungssprecher Brandts und später MdB und noch später Intendant der Deutschen Welle. Ist nun Ahlers ein Held und Seibert ein Opportunist ? - Kohl holte sich mit Friedhelm Ost einen ZDF-Moderator. Prompt wurde nicht Kohl populär, sondern Ost unbeliebt. Kürzer: Journalisten sollen nicht Sprecher werden, tun sie es doch, waren sie womöglich nie Journalisten.
Angesichts der Missbrauchsvorfälle an der Odenwaldschule haben Lehrer und Schüler dort eine Wahrheitskommission eingerichtet. Was kann das bringen?
Der inkriminierte Schulleiter Gerold Becker ist am Donnerstag gestorben, bevor er juristisch zur Aufklärung und Verantwortung gezogen werden konnte. Und einzig die strafrechtliche Verfolgung zählt. Dass die Institution mitwirken und ergänzend sich dazu verhalten möchte, mag löblich sein; grundsätzlich sehe ich jedoch z. B. auch katholischen Böcken nicht gern beim Gärtnern zu.
In Berlin sind es derzeit um die 30 Grad. Viel zu heiß, oder?
Okay, dann macht euch für Montagmittag auf 38 Grad gefasst. "Gefühlte 41", kommentiert der Wetterdienst, was immer der da fühlen mag. Im Netz kursieren allerhand "Jetzt übertreibt Kachelmann aber"-Witzchen. Als meine Kinder jünger waren, haben wir bei so nem Wetter mal mittags ein Ei aufs Autodach gekloppt. Es wurde kein Spiegelei, aber ein veritabler Lackschaden.
Deutschland verlor kläglich gegen Spanien, weil es Angst vor allem hatte: Ball, Gegner, sich selbst. Ist das Gerede vom Teamfußball doch nur Gutmenschenquark, und wir brauchen einen Anführer auf dem Platz?
Umgekehrt kann man behaupten, die Magie dieser unbeschwert aufspielenden Jungschar war dahin in dem Moment, da die übliche Hierarchiescheiße verschlagzeilt wurde: Oberbestimmer-Spielchen ruinieren halt immer die Kunst. So wie etwa die Frage …
Soll Ballack zurückkommen?
… ja eben.
Und was machen die Borussen?
Trotz WM 13.000 Fans beim ersten Training, was selbst die WAZ zu der Sottise verleitete, "zum Ballaufpumpen" sei so ein Zulauf ja wohl auch üblich. Mit den Neuen Lewandowski (Polen), Langerak (Melbourne) und Klopp (RTL). An Letzterem soll auch die ARD - nach Netzer - interessiert sein. Na ja, keine Ahnung, aber schön wärs. Netzer fehlt mir schon jetzt. FRAGEN: DAS
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier