Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Bei Sepp Blatter sind Haar- und Penisverlängerungen ausgeschlossen, und die Partei hat nicht immer recht.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: Steinbach, Bosbach, Schönbohm und Unionsfrustrierte orten Chancen für eine rechte Partei außerhalb der Union.
Was wird besser in dieser?
Friedrich Küppersbusch ist Fernsehproduzent und wird von der taz jede Woche zum Zustand der Welt befragt.
Hätte die SPD mal verdient, dass nicht nur bei ihr alle 20 Jahre ein Viertel verloren geht.
Eine Energierevolution hat die Regierung versprochen. Herausgekommen ist ein Geschenk für die Konzerne. Wie angeschlagen ist Schwarz-Gelb?
Stuttgart 21, Hamburger Schulreform, Rauchverbot Bayern, Tempelhof und Religionsunterricht in Berlin - und vorneweg der Klassiker, die Anti-Atom-Demos. Viele Menschen sind politisch interessiert und engagiert. Und durchaus rechts wie links. Die Parteien erleben den Verlust ihrer Agenda-Kompetenz, sie entscheiden nicht mehr, was Thema ist. Teils, weil sie dran vorbeiquatschen, teils weil Lobbys und Medien ihre eigenen Anliegen durchzwingen. Und teils, weil Parteipolitik als krämerisch, käuflich, "die machen ja doch was sie wollen" wahrgenommen wird. Dazu leistet Schwarz-Gelb seinen Beitrag, wie eben noch Rot-Grün mit "Hartz".
Kurt Westergaard, der Mohammed-Karikaturist, wird von der Kanzlerin geehrt. Ein US-Pastor, der Korane verbrennen will, scharf kritisiert. Richtig so?
Ja nun? Umgekehrt wärs schlimmer. In Rundfunkräten habe ich gerade CDU-Pöstchenbesetzer als beflissene Büttel der Kirchen kennengelernt. Unter dem wehleidigen Label "Nur Spott und Hohn für Gottes Sohn" nahmen z. B. Evangelikale die freie Meinungsäußerung etwa in der ARD unter Feuer. Das ging auch bis zur Absetzung von Sendungen, und gern wurden suspekte Beiträge mal vor Ausstrahlung dem Kirchenonkel gezeigt. Merkels große Ermutigung für Religionssatire sollte sofort umgesetzt werden, hier.
Heute wird der Prozess fortgeführt: Das Gericht will im Vergewaltigungsprozess Bettgenossinnen von Jörg Kachelmann aufmarschieren lassen. Kann er noch auf eine faire Behandlung hoffen?
Um Gerechtigkeit anzustreben, muss das Gericht eine Grenze überschreiten, die wir einhalten können: Es muss Auskunft verlangen, wo jeder andere und die Juristen selbst ihr Intimleben nicht offenbaren würden. Nun müssen sich eine Reihe von Leuten vor Zuschauern und Medienvertretern entblößen, die das selbst nie täten. Das ist traurig, verletzend und unvermeidlich.
Alice Schwarzer schreibt in Bild über den Fall Kachelmann. Wie passen die zusammen?
Wie beim Eiskunstlauf: Extremergebnisse streichen, Rest ernst nehmen. Also Pocher und Schwarzer raus. Schwarzers Spätwerk ist der bislang gelungenste Versuch, mir Sympathien abzuringen für Leute, die im Alter nur noch Golf spielen. Das ist doch ne Zumutung, dass ich als Mann jüngeren Männern erklären muss: Der Feminismus ist nicht in Gänze so panne wie sein durchgeknallter Jopi.
Die Präsidentin des Bundes der Vertriebenen, Erika Steinbach, will nicht wieder für den CDU-Parteivorstand kandidieren. Der Umgang mit ihr habe ihr bestätigt, "dass interne Kritik nicht auf fruchtbaren Boden fällt, sondern instrumentalisiert wird". Ist das so?
Die SPD war in den 40ern und 50ern die Partei der Vertriebenen, mal von Rechtsreaktionären im "Bund der Heimatlosen und Entrechteten BHE" abgesehen. Nicht unlogisch; Internationalismus und europäische Freizügigkeit sind das natürliche Gegenteil von Vertreibung und Flucht. Leider misslang es der SPD, diese Klientel geschlossen in die neue Brandtsche Ostpolitik mitzunehmen. Nun hat die CDU also ein Problem mit Migranten, die sich auch in der dritten Generation - Frau Steinbach hat keine Sekunde in ihrer "Heimat" gelebt - nicht anpassen wollen. Ein Fall für Sarrablödzin.
Der Chef des Fußballweltverbandes Fifa denkt darüber nach, die Verlängerung abzuschaffen. Meint Sepp Blatter diesen Unsinn wirklich ernst?
Ja, eine klare und überfällige Zurechtweisung Olli Bierhoffs und seiner Atomfreunde. Wobei der 1996 das erste "Golden Goal statt Verlängerung" schoss. Bei Blatter sind weitere Hair-Extensions auszuschließen, und mit einem ordentlichen Spam-Filter auch Penisverlängerungen. Wobei er zuletzt "technische Hilfsmittel für Schiedsrichter" gefordert hat. Diese Ledergreise! Tippe, die Jungs sind mit den Gedanken schon in der Sabine.
Und was machen die Borussen?
Uli Hoeneß macht im hiesigen Radio Werbung für McDonalds.
FRAGEN: CIGDEM AKYOL
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“