Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Lieber doch keinen Anschluss an die Niederlande - die haben billige Rassisten.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
FRIEDRICH KÜPPERSBUSCH ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Friedrich Küppersbusch: Guttenberg drischt beim JU-Jugendtreff auf die Grünen ein.
Was wird besser in dieser?
SPD will sich in Guttenberg-Reden einklagen.
In Stuttgart gehen Polizisten handfest gegen die Bahnhofsgegner vor. Sendet die CDU dort Truppen gegen die eigenen Wähler?
Merkels Wendung, die Landtagswahlen Ende März 11 "zur Volksabstimmung über S521" zu machen, passt nicht zu ihrer geübten Strategie, Widerstand sich an der Zeit zerreiben zu lassen. Hier ist wenig Zeit, Mappus wird das Thema nicht mehr loswerden. Und die bewährte Strategie, Gewalt in die Kontroverse zu tragen und dann auf die anderen zu zeigen, geht gerade eindrucksvoll schief. Habituelle CDU-Wähler gucken sich hier mal in Zeitlupe und nah an, wie es wohl bei Atomkraft und Umweltbewegung auch gewesen sein mag. Mappus bewirbt sich um die Stimmen derer, die blinden Gehorsam gegen die Obrigkeit gut finden.
Als Hartz IV nur um fünf Euro erhöht wurde, ging niemand auf die Straße. Auch nicht bei der Erhöhung der Krankenkassenbeiträge. Wieso interessiert die Leute stets nur das, was vor ihrer eigenen Haustür passiert?
Der Durchmarsch der Standortenführer im öffentlichen Diskurs hat zwei überlappende Schichten entmündigt: die auf Sozialleistungen angewiesenen Lohnabhängigen und die Reservearmee der nicht-blutsdeutschen Deutschen. Das, was in klassischen Begriffen ein "Proletariat" war, ist zerschimpft in "zu Teure", "zu Fremde", "zu Bedürftige". Und insgesamt auf den Nenner diskriminiert: Seid froh, dass wir euch noch dulden. Umso erstaunlicher, dass dann andere gesellschaftliche Konflikte ausbrechen und sich an - zugegeben: mitunter überraschenden - Themen entzünden. Schulreform, Religionsunterricht, Rauchen - gemeinsamer Nenner: Nicht mehr links gegen rechts, hier gegen da, sondern Bürger gegen Parteien. Es ist ein tastendes Suchen nach Post-Parteien-Demokratie auch darin.
Haben Sie die deutsche Einheit gefeiert?
Ich finde sie nicht mehr schlimm und stehe derzeit meiner damaligen Lieblings-Alternative - Anschluss der BRD an die Niederlande - sehr besorgt gegenüber.
Geheimdienste sollen mit einer Drohnenattacke einen Terrorangriff auf Europa verhindert haben. Nachprüfen kann das niemand. Welchen Sinn haben solche Nachrichten?
Keinen.
Geert Wilders war in Berlin. In Europa erstarken islamfeindliche, nicht offen rechtsextreme Parteien. Warum ist in Deutschland noch immer die traditionell nazistische Kampfpartei NPD die erfolgreichste Truppe am rechten Rand?
Anfang der 80er fragten holländische Freunde: "Waarom doe je niets tegen Strauß?", Warum unternehmt ihr Moffen da in Deutschland nichts gegen den? Bei "Strauß" mit einem Unterton von "alter Nazi" und bei "tun" mit einem von "durchaus nicht nur gewaltfrei". Es verschafft keine Genugtuung, ihnen 30 Jahre später ihren blondierten Rudi Krawall um die Ohren zu hauen. Dass es so billig würde, ihnen Rassisten-Inhalte in einer Schlagersänger-Verpackung zu verkaufen, hätte ich nie zu kontern gewagt. Die besinnungslose Kapitulation der meisten Medien gegen den Nationalsozialdemokraten Sarrazin zeigt: Der aufgeklärte Diskurs und die gefestigten Demokraten beim Spiegel und ARD sind es nicht, die so was hier verhindern. Allein schon das Festhalten auch an der politischen Ästhetik der NSDAP sichert der NPD ihr Outlaw-Image - und geringfügige Wahlergebnisse. Die NPD ist eine Niedertrachtengruppe, und dass man darüber mal froh sein müsste im Vergleich zu geschmeidigen Schmierlappen wie Wilders, ist traurig.
Obama hat sich dafür entschuldigt, dass die USA vor sechzig Jahren Menschen in Guatemala absichtlich mit Syphilis infiziert haben. Klingt eigentlich nach gruseliger Verschwörungstheorie, oder?
Dann kann es ja nur weitere 50 Jahre dauern, bis sich Nachfahren Bushs für die Verstrahlung von Golfkriegssoldaten entschuldigen.
Oswalt Kolle ist tot. Traurig?
Vermutlich weniger, als ihm gebührte. Die Unaufgeregtheit, mit der er sich einließ und um sein Thema kümmerte, imponierte besonders.
Und was machen die Borussen?
Friedrich Merz und Peer Steinbrück kandidieren für den Aufsichtsrat bei der Aktionärsversammlung. Steinbrück hat seine Landtags- und Bundestagswahlen verloren und Merz ist politischer Frühinvalide. Hey … Loser-Kompetenz haben wir doch selber?! FRAGEN: DAS
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