Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Bundespräsidenten müssen weg, die FDP ist Karstadt, und der Kolumnist steckt unkeusch im falschen Körper.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht in der letzten Woche?
Friedrich Küppersbusch: 2.000 (?) vom Staat für die Zwickauer Nazi-Mörder.
Was wird besser in dieser?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Frau Schröder sollte ihre Hilfen für den Kampf gegen Linksextremismus doch einen Hauch präziser fokussieren.
Bundespräsident Christian Wulff bedauert das Verschweigen seines Privatkredites. All diesen Ärger für ein hässliches Haus. War es das wert ?
Das Grundgesetz - Quorum "mindestens 40 Jahre alt" - drückt hölzern und hilflos den Wunsch der Verfassungseltern aus: Lebenserfahrung - oder doch mindestens: die schlimmsten Jugendsünden sollten schon einige Zeit her sein. Wulff ist Prototyp einer neuen Generation, die in der Schule parteipolitisch geschanghait wurde und vielleicht später mal eine Berufserfahrung in der Realwelt draufsetzt. Das ist eine Umkehrung der Verfassungsidee, und ihre Nachteile zeigen sich in Westerwelle, Guttenberg, Rösler. Und in charakterfreien Spätabsahnern wie Schröder. - Wulff war gewarnt, sein Urlaub auf der Marschmeyer-Finca der eine erlaubte Lapsus. Den zweiten hätte er offensiv beichten müssen.
Wulff, der Politprofi, folgte auf Amateur Köhler, einen Verächter des Parlaments, der keine Tretmine ausließ. Als Ergebnis einer Versuchsanordnung hieße dies: Wir brauchen keinen Bundespräsidenten mehr. Gerade jetzt stünde es diesem wankenden Parlamentarismus gut, den oder die Präsidentin des Bundestages zum Staatsoberhaupt zu machen. Spart Geld und drückt aus, wo der Hammer hängen sollte.
Herr zu Guttenberg sieht ja wirklich toll aus, so ohne Brille und mit geschmeidigem Kaschmir-Pulli. Ist das auch der Grund, wieso er EU-Berater wird? Oder hat er das doch eher Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo zu verdanken?
Cem Özdemir hat mit 5 Jahren kleinteiliger Fleißarbeit im EU-Parlament einen windigen Privatkredit und verzockte Bonusmeilen gesühnt. Mogli versucht es mit 5 Minuten Radau auf der EU-Bühne. Da er weder einschlägige Erfolge noch Erfahrungen vorzuweisen hat, bleibt als Erklärung nur sein Drohpotenzial "neue Partei". Und das haben ihm Medien zusammengeschrieben. Immerhin ist die Konstellation "Google-Doktor wird Netzberater" so nachgerade loriotfein zwischen albern und peinlich, dass man der Politik zu ihrer humorigen Replik auf den Jubel der Journalisten gratulieren möchte.
FDP-Hoffnungsträger Christian Lindner ist zurückgetreten, Nachfolger Patrick Döring beging auch Fahrerflucht und die Partei dümpelt im Umfragetief. Ist die FDP Opfer der Eurokrise, wie die internationale Presse schreibt?
Für Führungspositionen in der FDP galt einen ausdauernden Westerwelle lang das zentrale Anstellungskriterium "wird mir nicht gefährlich". Deshalb begreift man die Partei weniger mit einem Bezug zu politischen Aspekten und eher, wenn man sie mit Sanyassins nach dem Tode Bhagwans vergleicht. Der zeittypische Manager nimmt für seine Karriere in Kauf, unterwegs ein paar Unternehmen zu ruinieren, deren Leitung er sich fürstlich honorieren lässt. Die FDP sieht aus wie KarstadtQuelleNeckermann nach Middelhoff oder Mannesmann nach Esser. Eben wirtschaftskompetent.
Vor 47 Jahren entwarf Peter Higgs eine Theorie, was das Universum im Innern zusammenhält. Doch bislang fehlte der Beweis. Jetzt könnte der in Form des Higgs-Teilchens bald geliefert werden. Was passiert dann?
Nobelpreis, mehr Forschungsmittel. Anschließend streicht Gott den "Schiffe versenken"-Zettel durch, nimmt einen neuen und es geht weiter.
Das amerikanische Time-Magazin hat den "Demonstranten" zur Person des Jahres 2011 ernannt. Der Wutbürger hat es endlich in den weltweiten Mainstream geschafft. Protestieren Sie bald endlich mit?
Klar, die sind laut Time "jung, höher gebildet und kommen aus dem Mittelstand" - die meinten eh mich. Es ist schon ruppig, den tunesischen Selbstverbrenner und den Stuttgarter Bahnhofskritiker in einen Eimer zu rühren. Und die klamme Hoffnung, hier repariere sich "die Schein-Demokratie selbst", wie Time jubelt, ist von keinen Ergebnissen belegt. Umgekehrt : Mit ein bisschen Wutgebürgere käme die Lage unverhofft glimpflich davon.
Und was machen die Borussen?
Es ist unkeusch. Es geniert mich. Es kann mir schaden. Und doch. Wenn am Ende der Zweite Dortmund nicht vorne steht, sollte es eher der Dritte Schalke statt des Ersten Bayern sein. Das ist wie an sich runtergucken und feststellen, dass man im falschen Körper geboren ist. Da muss ich durch.
Fragen: AKL
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