Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
„Mein Kampf“ könnte Modeschmierfinken entharmlosen und Sarkozy ist zu klein für Merkel. Die Woche mit Friedrich Küppersbusch.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Obamas Amerika führt einen rechtswidrigen Militärprozess gegen gefolterte Angeklagte.
Was wird besser in dieser?
Die Bundeswehr verzichtet auf einen Kampfeinsatz gegen das Weiße Haus. Lindner könnte noch so einen Zopf um den Kopf tragen.
Nun gibt es also auch einen – eher halbgaren – Plagiats-Verdacht gegen Annette Schavan. Sollte man nicht lieber Nebeneinkünfte aufdecken, statt Fehler in verstaubten Doktorarbeiten zu suchen?
Man könnte die Gelegenheit nutzen und diskutieren, ob Doktorarbeiten der Mehrung von Wissen und Erkenntnis dienen oder ob es sich oft um ein Jodeldiplom im Management von Textbausteinen handelt. Professoren geben eine Mindestzeitenzahl vor und welche Quellen sie verarbeitet sehen wollen. Das müsste eine clevere Software inzwischen auch alleine können. Schavan allerdings steht als Bildungsministerin für das Ritual, schriftlich den Popanz an der Stange zu grüßen. Und ihr Wort, als ehemalige Doktorandin schäme sie sich „nicht nur heimlich“ für Guttenberg, war natürlich doof, nicht nur heimlich. Um seinen Doktor zu machen, muss man nicht klug sein, sondern fleißig. Schavan ist beides und vergeigt es trotzdem, das ist tragisch.
Wird die EU am französischen Präsidenten François Hollande zerbrechen?
Dass Europa über deutschen Spar-Furor klagt, belegt: Sarkozy war Merkel nicht gewachsen. Damit kann er immerhin SPD-Vorsitzender werden. 2002 und 2003 haben Deutschland und Frankreich die „Maastricht-Kriterien“ um die Wette geschreddert und sich am Strafezahlen vorbeigekumpelt. Die deutsche Position ist also schwer der Heuchelei verdächtig. Ein stärkerer Partner, der gegen deutschen Egoismus europäische Wirtschaftsförderung auch mal durchsetzt, könnte segensreich für die EU sein. Ich tippe, wir werden das Wort, mindestens aber das damit Gemeinte wieder hören: Eurobonds.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
London will zu den olympischen Spielen Luftabwehrraketen auf den Dächern von Wohnhäusern stationieren. Sollte man sie danach drauf lassen?
„Military-Reiter“, die besten Freunde der Rossschlachterei, Schießen oder „Biathlon“ – also Gebirgsjäger in Zivil: Deutschland versteht traditionell, in Armeesportarten zu überzeugen. Bei den Winterspielen in Vancouver stellte die Bundeswehr ein sattes Drittel der deutschen Teilnehmer, 100 der 153 deutschen Sportler waren „Staatsamateure“, auch von Zoll und Polizei. Langfristig könnte es also wirtschaftlicher sein, Nato-Manöver in der Sportschau zu übertragen. Oder man erklärt Kampfeinsätze zu olympischen Sportarten, etwa Afghanistan als „extreme outdoor menschenrechting“. So ließen sich die Luftabwehrraketen sinnvoll einbinden.
Plötzlich wollen die Liberalen die Praxisgebühr abschaffen und Benzinpreise regulieren – mit welchem Thema könnte die FDP wieder mehr Stimmen bekommen?
In NRW und Schleswig-Holstein läuft es über das traditionell stärkste Thema der FDP: schwache CDU-Kandidaten.
Obama inszeniert sich als der Mann, der Bin Laden zur Strecke brachte. Hat er das nötig, um wieder Präsident zu werden?
Ein Friedensnobelpreisträger, der sich mit einem Mord brüstet: Obama scheint kaum mehr als seine Hautfarbe durchs Ziel gebracht zu haben. Nun sieht man, wie erschütternd viel das in diesem offenbar immer noch gerade der Sklaverei entwachsenen Land ist.
Bayern bringt ab 2015 für den Schulunterricht eine kommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“ heraus. Was können Schüler aus der Lektüre von Hitlers Hetzschrift lernen?
Wachsamkeit. Das Buch war belacht und kaum bedeutend, keine 300.000 Exemplare bis zur Machtübernahme Hitlers verkauft. Danach summierte es sich auf 11 Millionen hoch, von denen gefühlte 10,9 Mio ab Frühjahr 45 die Kläranlage und Kamine füllten. Und doch enthielt der ekle Wust paranoider Ausbrüche bereits alles, was eine intakte Zivilgesellschaft hätte ertüchtigen müssen, Hitlers Kanzlerschaft zu verhindern. Das heute bei heutigen Drecksbüchern zu leisten ist zugegeben viel verlangt von SchülerInnen. Im günstigen Falle entharmlost es Modeschmierfinken ähnlicher Couleur.
Und was machen die Borussen?
Im Supermarkt tragen alle Mitarbeiter das „Wiederholungstäter“-BVB-Shirt, beim Bäcker prangt ein handgemaltes „Danke, Jungs!“-Pappschild, der Kuchen kommt in der „Auch wir gratulieren dem BVB“-Tüte und das Einzige, was hier nicht schwarz-gelb wird, ist nächsten Sonntag das Wahlergebnis.
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