Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Bundesinnenminister Friedrich hat einen sitzen, Ackermann ist ein „Hells Banker“, und Gottschalk ist weg.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: FDP überlebt Schlecker.
Was wird besser in dieser?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Umgekehrt wär auch nicht schlimmer.
Der aktuelle Spiegel-Titel lautet „Geheim-Operation Samson: Wie Deutschland die Atommacht Israel aufrüstet“. Also hat Günter Grass recht gehabt?
Grass pöbelt rum, Wallraff recherchiert undercover, und der Spiegel haut eine veritable Enthüllung auf den Titel: Das ist mal ’ne schöne 80er Show. Der Modus „Deutschland liefert Waffen und ist aber jederzeit zu moralischen Vorhaltungen bereit“ könnte aber auch beim ESC in Baku abgeguckt sein.
Joachim Gauck widerspricht Christian Wulffs Aussage, dass der Islam zu Deutschland gehört. Wie deutliche Spuren muss man eigentlich in Deutschland hinterlassen, um dazuzugehören?
Nun sind wir einen CDU-Präsidenten los, der eine grüne Position vertrat, und haben einen rot-grünen Favoriten, der aus dem Herzen der CSU argumentiert. Dafür bekam Bild den „Henri-Nannen-Preis“. Ich behalte mir vor, herzlich drüber zu lachen, wenn in ein, zwei Jahren kleine Einspalter erscheinen, wonach die rechtlichen Betrachtungen von Wulffs Tollpatschereien keine Beanstandungen ergaben. Gauck laviert Wulffs überdeutlichen Satz in tiefstmöglichen Nebel – Islam rein, Islam raus, Hauptsache, die Frisur sitzt. Der Islam ist dabei, ein Teil von Deutschland zu werden; und er wurde dabei schon mal freundlicher begrüßt als von diesem Vertreter der evangelischen Minderheit.
Hat die Führungsriege der Linkspartei dasselbe Problem wie die Nationalelf – zu viele geeignete Mitspieler? Falls ja: Wer übernimmt Löws Rolle und selektiert?
Löw nimmt doppelte so viele Bayern-Verlierer mit wie Dortmunder Meister; und in der Linken wackelte auch lang genug der Schwanz mit dem Hund. Wobei die Schwanzvergleiche Lafontaines mit Schröder niemanden mehr interessieren. Die Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur SED war ein stalinistisches Verbrechen. Das ist 66 Jahre her. Heute könnte „links“ – wenn man „rot-rot-grün“ so verstehen darf – mit eigener Mehrheit regieren. Doch Lafontaine hat das Schisma nicht geheilt, sondern vertieft. Es gehört schon reichlich Psycho dazu, es so hinzubiegen, dass Stalin auch noch die Bundestagswahl 2013 für die Rechten gewinnt. Kurz: Gregor Gysi hat den psychotischen Hass etwa in der Bundestagsfraktion benannt, und eine politikfähige Linie gefordert – selbst um den Preis der Spaltung. Löws Job kann er aber nicht auch noch machen.
Der Syrienkonflikt verschärft sich, immer öfter ist von einem militärischen Eingreifen die Rede. Könnte man nicht einfach per Stuxnet, Flame und Co. einen Cyberkrieg starten?
Man könnte auch Auslandskonten einfrieren, Handelsbeziehungen aussetzen. Wenn die Außenpolitik keine andere Wahl sieht, als Diplomaten rausschmeißen oder gleich Krieg zu führen, ist sie keine. Neue Waffen haben einen Nachteil: Morgen hat sie der Gegner auch, und er hat dann bessere. Sie ändern nichts.
Bundesinnenminister Friedrich schaltet sich in die Diskussion über Krawalle in Stadien ein: In anderen Ländern gebe es längst keine Stehplätze mehr. Werden die Fans nicht vernünftig, müsse auch in Deutschland ein Sitzzwang her. Richtig so? Ein offenes Wort – Friedrich hat gerne mal einen sitzen. Wenn er richtig Ärger in den Stadien will, muss er die Steher mobben – in Dortmund etwa ist die SÜD das Rückgrat des Erfolgs und der friedlichen Feiern im bestbesuchten Stadion Europas. Mit etwas Hirn fiele ihm auf, dass der Steuerzahler die Polizei finanziert, während die Clubs sich die pornösen TV-Gelder einstecken: Das wäre ein Konflikt auf Augenhöhe für die Politik. Aus der VIP-Lounge die Stehplatzfans anzupöbeln ist rhetorischer Hooliganismus.
In Deutschland tobt der Rockerkrieg. Befrieden durch Führerscheinentzug?
Hätte ich schön gefunden, Ackermann hätte zum Abschied eine Kutte bekommen. Rückenlogo: „Hells Banker“. Die Gangs sind Wirtschaftsunternehmer mit ausgeprägter Folklore und mit vergleichsweise offensichtlicher Kriminalität.
Am Donnerstag wird die letzte „Gottschalk Live“-Sendung gezeigt. Schlimm?
Gottschalk hat ein Experiment gewagt und die Verantwortung für dessen Scheitern übernommen. Respekt.
Und was machen die Borussen?
Wir haben ja mit Polen und Deutschland zwei starke Dortmunder Mannschaften im Turnier. Polen wegen Heimvorteil sacht favorisiert. FRAGEN: CAK, EW
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
Vorsicht mit psychopathologischen Deutungen
Lohneinbußen für Volkswagen-Manager
Der Witz des VW-Vorstands
Polizeigewalt gegen Geflüchtete
An der Hamburger Hafenkante sitzt die Dienstwaffe locker
Preise fürs Parken in der Schweiz
Fettes Auto, fette Gebühr
Insolventer Flugtaxi-Entwickler
Lilium findet doch noch Käufer
Rekordhoch beim Kirchenasyl – ein FAQ
Der Staat, die Kirchen und das Asyl