Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Armstrong wird siebenmal zum Mond geschossen, der Ethikrat hat keinen Arsch in der Hose, und Gauck bleibt besser bekleidet.
t az: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Nerds behaupten, die Tour de France habe nie stattgefunden.
Was wird besser in dieser?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Lance Armstrong wird siebenmal zum Mond geschossen.
„Die Deutschen bekommen ihr Geld zurück“, sagt der griechische Premier Antonis Samaras. Von wem?
Fluch der Armut – Samaras kann sich finanziell keine vernünftigen O-Töne mehr leisten. Schon sein Statement „Ich versichere Ihnen: Wir werden liefern“ stammte aus einer Altlabersammlung der FDP. Und sein griechischer Originalsatz „Die Deutschen haben sich an uns doch dumm und dusselig verdient“ wurde von Leichtlohndolmetschern in Indien anhand des Wörterbuchs „Gyros – Deutsch“ übersetzt. Tatsächlich hatte Exportweltmeister Deutschland sein Geld längst zurück, bevor er es überhaupt verliehen hat. – Hans Modrow wollte Anfang 1990 vergleichsweise schnäppchenhafte 10 bis 15 Milliarden D-Mark von Helmut Kohl, zur Strafe wurde sein Land für ungültig erklärt und eingezogen. Samaras! Aufpassen!
Weißrussische Sicherheitskräfte sind bis 2011 von der Bundespolizei geschult worden. Was haben die hier gelernt?
Es handelt sich um eine Art Jugendaustausch, im Gegenzug sollen weißrussische Experten für Wahlfälschungen die Landtagswahl in Bayern überwachen. Innenminister Friedrich (CSU) hat diesmal doch Sorge, dass da alles mit rechten Dingen zugeht.
Der Deutsche Ethikrat befürwortet nun das Recht auf Beschneidung aus religiösen Gründen. Die betroffenen Jungen sollen aber ein „entwicklungsabhängiges Vetorecht“ haben. Was soll das heißen?
Der Ethikrat hat sich solidarisiert. Wenn die einen schon keine Vorhaut haben, hat er wenigstens keinen Arsch in der Hose. „Entwicklungsabhängiges Vetorecht“ bedeutet: Je früher die religiös verbrämte Körperverletzung stattfindet, desto weniger muss man das Opfer fragen. Das ist zum einen logisch – ein Neugeborener kann nicht antworten. Zum Zweiten Mumpitz: Ein Übergriff wird nicht desto gerechter, je wehrloser das Opfer ist. Und ergo und drittens ist diese selbsternannte Ethik nicht mehr zu unterscheiden von einem politischen Convenienceprodukt: Das jüdische Ritual der Beschneidung Neugeborener ist danach ethisch einwandfrei, muslimische Jungs bis zu 13 Jahren hingegen könnten schon Widerworte geben. Ethik ist nicht, wenn man das politisch und gesellschaftlich Gewollte mit eitel Moraltapete zukleistert, sondern etwa offen sagte: „Wir akzeptieren hier Unrecht aus religiöser Toleranz und Respekt gerade vor dem Judentum. Dafür übernehmen wir die Verantwortung.“ Der Ethikrat liefert Gefälligkeitsexpertise mit Unfallflucht.
Zum 20. Jahrestag von Rostock-Lichtenhagen zeigt sich, dass auch Westdeutschland von Neonazis unterwandert ist. Vereinfacht das die Auseinandersetzung?
Über diese Fehleinschätzung freuen sich allenfalls Neonazis. Weder West- noch sonst ein Deutschland wäre unterwandert. Nein, eine bestimmte Art von Kriminalität – vom Herzeigen geächteter Symbole bis zu organisierter Gewalt – verbrämt sich deutschlandweit als politische Haltung. Es ist keine.
Lance Armstrong will sich nicht länger gegen Dopingvorwürfe wehren. Seine sieben Tourtitel sollen ihm aberkannt werden. Ein Sieg der Gerechtigkeit?
Armstrong zum schwärzesten Schaf aller Zeiten zu machen scheint der letzte Rettungsversuch für den Radsport. Es ändert nichts mehr dran, dass die ganze Sportart eher wie Wrestling und Bodybuilding in den außersportlichen Freakbereich gehört. Das ist jammerschade und wird trotzdem niemanden dran hindern, mit Freude und Ehrgeiz sportlich Rad zu fahren. Der taz-Sport ignoriert seit Jahren souverän Autorennen. Der Radsport buhlt um Gleichbehandlung.
Nacktfotos zeigen Prinz Harry beim Stripbillard, die Briten scheinen ihn dafür zu lieben. Was sagt uns das?
Bitte nichts. Herr Gauck, bleiben Sie bekleidet.
Richard David Precht startet am Sonntag seinen ZDF-Philosophietalk. Warum stöhnen Journalisten bei dem immer so?
Journalisten schreiben gern einen hoch – es schmeichelt dem Ego, wenn „einer wie wir“ auch mal was wird. Journalisten schreiben gern einen runter – auch das schmeichelt dem Ego: Was der kann, kann ich schon lange. Das hat mit Precht nix zu tun, außer: Er muss als Profi wissen, dass das der Deal ist.
Und was machen die Borussen?
Ein paar Tage vor Saisonstart muss man die Fahne, die seit dem Double draußen hing, einrollen, damit man sie just zum Saisonstart wieder raushängen …Nein, ich bin nicht abergläubisch.
FRAGEN: WALD
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Waffen für die Ukraine
Bidens Taktik, Scholz’ Chance
Unterwanderung der Bauernproteste
Alles, was rechts ist