Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
Philipp Rösler ist ein junger Greis, Wolfgang Schäuble ein alter Arroganter, und Brüderle erfindet das „gemütliche Mobbing“.
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Friedrich Küppersbusch: Dortmunds beste Zeitung, die Westfälische Rundschau, wird dichtgemacht – und die Mutter und Monopolistin WAZ verschweigt das und unterschlägt alle Proteste dagegen.
Und was wird besser in dieser?
Stern, Spiegel und Bild werden zirka eine Minute brauchen, um nachzuweisen, dass daran natürlich auch ARD und ZDF schuld sind. Und am Wetter. Und am Kantinenessen.
Schäuble greift Steinbrück in einer Bundestagsdebatte an: „Da ich Protestant bin, habe ich auch ein bisschen Mitleid, und das macht’s mir auch noch schwer, auf Sie einzugehen.“ Mit wem haben Sie Mitleid?
Arroganz ist unter Schäubles Niveau, und um mal was Arrogantes zu sagen: Mit Schäuble hätte die Union eher eine Nummer zwei als die SPD mit Steinbrück eine Nummer eins. Inzwischen droht der SPD ein Mediamarkt-Ergebnis „25 Prozent auf alles außer Steinbrück“. Und das könnte zu dem Gedanken anregen: Warum tritt die SPD nicht mit einem Team an, wie die Grünen – wenn sie schon keinen überzeugenden Spitzenkandidaten hat?
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
Die Bundeswehr bietet in Mali logistische Hilfe. Ist das jetzt auch unser Krieg?
Nein, aber auch nicht schön: Es ist FDP-Politik. Westerwelle coverte vor der Wahl in Niedersachsen einfach seine Idee „Nein zum Kampfeinsatz in Libyen“. Damals hatte er die FDP so noch hauchzart durch die Wahl in Baden-Württemberg gekuschelt. Das wiederum war eine Miniatur von Schröders „Nein zum Irakkrieg“ vor der Bundestagswahl 2002. Unterm notorischen Bundeswehrkäppchen Dirk Niebels perlen plötzlich Sätze hervor wie „Das schärfste Schwert gegen Extremismus ist Entwicklungspolitik“, während sich bei der Union de Maizière und Lammert pulvern. Dabei ist die Sache ganz einfach: Es gibt kein UN-Mandat, es gibt kein Bundestagsmandat, und da hier weder Deutschland noch sein „System kollektiver Sicherheit“ angegriffen ist, wäre jeder Militäreinsatz in Mali grundgesetzwidrig. Die FDP macht Wahlkampf damit, dass sie sich ans Völkerrecht hält – wow. Das kann sie, weil vorher der Chefgrüne Trittin schon in Mali rhetorisch einmarschiert war.
Bayerns Ministerpräsident Seehofer will beim Verfassungsgericht Klage gegen den Länderfinanzausgleich einreichen. Verrückt oder verständlich?
Bayern war über 30 Jahre Nehmerland, ist aber aus Gründen des Föderalismus bereit, das zu vergessen. Nun zahlen sie seit 20 Jahren, macht ein „bayerisches Unentschieden“ und also raus aus den Schulden. Historisch betrachtet verweist es auf jenen schönen fernen Tag, an dem Griechenland keinen Bock mehr haben wird, die deutsche Schluderwirtschaft mitzufinanzieren. Ich freu mich drauf.
Fraktionschef Brüderle will, dass die FDP ihren Parteitag vorzieht, und bestimmt, wer die Partei bis zur Bundestagswahl führt. Wie hält Nochchef Rösler das alles nur aus?
Gutes Timing. Rösler fliegt wegen Niedersachsen, oder er ist trotz Niedersachsen angeschlagen. Brüderle erfindet das gemütliche Mobbing. Die Aufstellung ist fast prototypisch: der neue Typ Jungpolitiker, keine Lebenserfahrung und wenig Handwerk – gegen den alten Trickser. Schaut man sich die Strecke der Guttenbergs, Westerwelles, Röttgens und Merz’ an, verspricht eine gewisse „Veraltung“ der Politik weniger Fehler. Heute wird Nachwuchs vor Junger und Schüler-Union quasi schon in der Windelunion geheuert. Das macht die Politik nicht jünger, sondern die Röslers zu jungen Greisen.
In Köln haben sich zwei katholische Kliniken geweigert, ein mögliches Vergewaltigungsopfer zu behandeln. Was muss die Kirche als Nächstes tun, um die Gläubigen zu vertreiben?
Der WDR meldete am Wochenende weitere Fälle. Hintergrund: Zum ärztlichen Beistand nach einer Vergewaltigung gehört auch Rat zu ungewollter Schwangerschaft und gegebenenfalls Verschreibung der „Pille danach“ . Eine „Stellungnahme“ des Ethik-Beirates nach einem Gespräch mit dem Kölner Kardinal Meisner untersage diese beiden Hilfen. Der Kölner Stadt-Anzeiger ergänzte, fundamentalistische Abtreibungsgegner hätten katholische Kliniken, die trotzdem halfen, „beim Bischof angeschwärzt“. Das ist unfasslich, und man kann es so betrachten, dass die Kirche, was die Folgen dieser Vergewaltigungen angeht, als Täter zu behandeln ist. Und nachdem sie ihre Missbrauchsgeschichte selbst nicht aufgeklärt bekommt, sind hier nun Kripo und Staatsanwaltschaft gefordert.
Und was macht der BVB?
Die richtige Antwort ist „Toooor in Bremen !“ – und Sie können die Frage noch viermal wiederholen. FRAGEN: JAK/MBN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Scholz und Pistorius
Journalismus oder Pferdewette?
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Warnung vor „bestimmten Quartieren“
Eine alarmistische Debatte in Berlin