Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?
„Merkeln“ als Verb, die NPD in der Hochwasserbrühe, Anwesenheit als Kompetenzprothese und „informierte Kreise“ – die Saufkumpels an der Hotelbar sind.
Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?
Der britische Economist tadelt Merkel als „zögerliche Vormacht“.
Was wird besser in dieser?
„To merkel“ ersetzt „zaudern“ im Dictionary.
Der Schauspieler Jan Josef Liefers war vor kurzem in Aleppo. Für den Besuch im Kriegsgebiet bekommt er jetzt auf die Mütze. Richtig so?
Die SZ-Schlagzeile „Papperlapapp eines Augenzeugen“ möchte man gern auch über Liefers’ Ferrero-Küsschen-Werbung sehen – und über Berichten von „embedded journalists“. Und Erdogan gewiss über Claudia Roths Einschätzungen aus dem Gezi-Park. Anwesenheit als Kompetenzprothese. Umgekehrt bekäme die Kanzlerin Ärger, wenn sie nicht das offiziöse „machte sich vor Ort ein Bild von der Flutkatastrophe“-Foto machen ließe. Dabei macht sie uns ein Bild, nicht sich.
ist Journalist und Fernsehproduzent. Jede Woche wird er von der taz zum Zustand der Welt befragt.
In den USA gilt eine politische Positionierung für Künstler als nahezu obligat, etwa bei Präsidentschaftskampagnen. In Deutschland entgegengesetzt, und ich tippe: da enkelt noch der Nazi-Durchhaltefilm und die Frontbelustigung segensreich durch. Wir hatten zu lernen, dass Dabeisein nicht alles ist. Liefers möge etwas mehr Gnade finden und etwas weniger ernst genommen werden – jedenfalls von Journalisten, die hinter „informierten Kreisen“ ihre Saufkumpels an der Hotelbar verstecken.
In dieser Woche kommt US-Präsident Barack Obama nach Deutschland. Beim letzten Besuch berichtete er von seinem Traum einer freien Welt. Was erzählt er diesmal?
Dass wir bei einem Syrien-Krieg mitmachen sollen und uns nicht so haben wegen der NSA-Schnüffelei, von der die deutschen Dienste doch fröhlich profitierten. Er wird Merkel nochmal gratulieren, dass sie die FDJ durch pure Teilnahme vernichtet hat, und ernsthaft erwägen, sich Pierre Steinbergs Namen zu merken. Der für US-Präsidenten notorische Claim am Brandenburger Tor ist noch in Arbeit, die Gagschreiber schlagen „Yes, we spam“ vor oder „Darf ich bitte hierbleiben“.
SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat nun ein vollständiges Kompetenzteam und einen neuen Pressesprecher. Glück auf?
Steinbrück wollte unbedingt Kanzlerkandidat werden. Das war er nun. Für die letzten 100 Tage könnte man nun Steinmeier nehmen und mit einem respektablen Ergebnis um die 30 Prozent bereits mit dem Wiederaufbau beginnen.
Der US-Geheimdienst NSA hört und liest digital alles mit. Und was macht der BND?
Bekommt ausgewählte Tipps – etwa die, die zur Aufdeckung der „Sauerland-Gruppe“ führten. Und rüstet nun selber digital auf. NSA unterhält noch stets, Erbe des Kalten Krieges, Stationen in Deutschland. Von dort wurde auch Industriespionage betrieben, General Motors etwa soll sich so über Pläne von VW informiert haben. Wenn man zum Schutz der Bürgerrechte nur noch auf Autokonzerne und die FDP setzen kann, muss die Lage wirklich ernst sein.
Das Zeit-Magazin zieht gegen die Gender-Studies ins Feld, nannte das Fach „unwissenschaftlich“. Alles IdiotInnen?
Die Idee, Geschlecht sei eine von den Geschlechtsteilen unabhängige Konstruktion, finde ich faszinierend. Dass ich als Phänotyp Mann qua Chromosom gewaltbereit sei, zu Extremen neige und mich für meine Kinder nicht interessiere, geht mir schon lange auf die Nerven. Es ist ein surreales Konstrukt, und je mehr zum Beispiel Mütter sich damit befassen, desto weniger von dem Irrsinn topfen sie ihren Kindern auf. Respektive – desto eher können sich Männer selbst und auch ihren Kindern gegenüber definieren. Die Rabulistik, wonach die äußeren Geschlechtsmerkmale nun gar nichts mit dem Geschlecht zu tun hätten, ist eher die Hochbegabtenversion, das verstehe ich nicht. Es ist auch schwer von Verklemmtheit zu unterschieden und macht Angst. Offenbar auch der Zeit.
Aufregung, Aufregung, weil die NPD sich als Fluthelfer inszeniert. Ist es nicht schlau, sein Haus von Rechten gegen das Wasser sichern zu lassen, obwohl man die eigentlich doof findet?
Eine gewisse Expertise für braune Brühe kann man denen nicht absprechen.
Am Samstag steigt in Hildesheim ein Akkuschrauberrennen. Die Jugend von heute?
Leichtbau, minimaler Energieeinsatz, Papier als Chassis – also von dort würde ich mir eher Anregungen für intelligente Mobilität erwarten als vom Motorsport, der dafür mal zuständig war.
Und was machen die Borussen?
Die Stimmung kippt; viele raten, Lewandingsbums an einen Viertligisten zu verschenken.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe