Die Woche: Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?

Geld für Griechenland, das Horst-Wessel-Lied, der Griff an das Gesäß und eine Schwangerschaft, die man sich leisten können muss.

Hände weg: In Österreich soll das Pograpschen jetzt strafbar werden. Bild: imago / Peter Widmann

taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht letzte Woche?

Friedrich Küppersbusch: Erst gibt man den Griechen kein Geld, und dann holen sie es sich auch noch woanders!

Was wird besser in dieser?

Wenn das gut geht, hat die EU ein ziemliches Begründungsproblem, warum man ähnlich nicht in der Ukraine kooperiert.

In Österreich soll das Pograpschen nun per Gesetz strafbar werden und zählt, neben dem Griff an Brüste oder in den Schritt, als sexuelle Belästigung. Auf welche Belästigung können Sie gut und gern verzichten?

Freue mich zunächst, dass es erlaubt bleibt, sich jederzeit an den Kopf zu fassen. Etwa über Nationalratsmitglied Marcus Franz („Team Stronach“) , der zur Debatte über den Gesetzentwurf beitrug: Es sei legitim zu prüfen, ob das Gesäß halte, was sein Anblick verheiße; und er habe immerhin seine Frau so kennengelernt. Da fällt es schwer, typische sexuelle Belästigungen von Frauen an Männern dagegenzurechnen – zumal manche Männer sich eher unzureichend sexuell belästigt fühlen. Übrigens : Parteiguru und zeitweise Opel-Rettungskandidat („Magna“) „Frank Stronach“ kam als „Franz Strohsack“ zur Welt. So dokumentarisch möchte Mann ja auch nicht heißen.

Berater der Bundeswehr erreichten 2013 doppelt so viele SchülerInnen wie im Jahr zuvor und begeistern so junge Menschen für die Truppe. Was sagt man dazu?

Das nennt man „Wehretat“. 35 Millionen Euro – mehr denn zuvor – steckt die Truppe in Projekttage auf Schulhöfen, Lehrerseminare und den guten alten Informationsoffizier. Nachdem in allen Bundesländern das „Verbot von Werbung auf dem Schulgelände“ zerniert wurde, tummeln sich dort auch Versicherungen und Banken, halt alle, die Hunger auf unschuldige Seelen haben. De jure müsste ein alter Schülermitverwaltungstraum also nun wahr werden können: Nach dem BW-Offizier gibt die nächste Stunde ein Pazifist.

Eine 65-jährige Frau ist mit Vierlingen schwanger. Können wir den demografischen Wandel doch noch aufhalten?

Medizinisch betrachtet ist sie der Kontakthof zweier ihr und einander unbekannter Eltern. Die hatten Ei und Samen. Nur – sie hatte das Geld. Auch wenn die Risiken für Mutter und Kinder – und die Zukunftsaussichten – zu beargwöhnen sind: Das kann man bewerten, ändern kann man es nicht. Was man ändern möchte, ist eine Gesellschaft, in der die einen sich für 10.000 Euro eine Schwangerschaft leisten, wo nebenan andere Schwangerschaften aus wirtschaftlicher Not abbrechen.

Eine Lehrerin in Berlin hat ihre Schüler zum Summen des Horst-Wessel-Lieds animiert. Geht so moderner Geschichtsunterricht?

Man muss in Geschichte Hitler-Texte analysieren, man muss sie nicht auf dem Schulhof brüllen lassen. Man muss in Biologie sexuell originelle Neigungen würdigen, nicht praktizieren. Man muss in Musik politischen Missbrauch von Kunst kenntlich machen, und dazu muss man diese Kunst nicht einüben. Der Kontext – eine „Schule ohne Rassismus“, benannt nach einer verfolgten jüdischen deutschen Mathematikerin – lässt hoffen: Das war das Gegenteil von gut, nämlich gut gemeint.

Martin Winterkorn darf VW-Boss bleiben. Es hieß, die Aktie des Konzerns habe daraufhin einen Freudensprung vollführt. Wie hoch sind Sie gesprungen?

Ich wärme mein Herzchen an dem Umstand, dass der erfolgreichste Automobilkonzern zu 20 Prozent im Staatsbesitz ist. Und die Mehrheit liegt bei so was Altmodischem wie Familienclans. Bei strenger Auslegung neoliberaler Theorien wären die längst pleite. Tatsächlich regt ein Führungsstreit dort mehr auf als einer bei, sagen wir mal, der FDP.

Gisele Bündchen hat ihre Laufstegkarriere an den Nagel gehängt, weil ihr Körper sie gebeten habe, damit aufzuhören. Was sagt Ihr Körper?

Kern der Schönheit ist die vollständige Abwesenheit von Sinn und Zweck. Also wird Bündchen jetzt schön. Mein Körper sagt, ich soll langsamer Rad fahren, sonst Rücken.

Jürgen Klopp verlässt den BVB im Sommer. Müssen jetzt auch die Teamärzte gehen, damit endlich wieder alles gut wird?

Bei Bayern geht der Rücktritt des Teamarztes Müller-Wohlfahrt traditionell (Klinsmann 2008) dem Rauswurf des Trainers voraus. Hehe. Deshalb spekulieren manche, Bayern könnte Interesse an Klopp haben. Das ist dann alles deren Problem. Für den BVB isses wumpe, jeder neue wird mit dem alten verglichen werden. Deshalb hätte sich angeboten, in der Zeit bis zum nächsten Engagement Klopps in Dortmund etwas Unvergleichliches und Originelles zu tun. Silvia Neid, Weltmeister-Trainerin der Frauen, ist bald am Markt und wohnt um die Ecke in Siegen. Na. Nun wird es das Erfrischungstuchel.

Und was macht der BVB sonst?

Der Ausnahmezustand ist wiederhergestellt, die Klopp-Epoche geht würdevoll zu Ende.

FRAGEN: MAB, HÖDL, ARUE

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Jahrgang: gut. Deutscher Journalist, Autor und Fernsehproduzent. Seit 2003 schreibt Friedrich Küppersbusch die wöchentliche Interview-Kolumne der taz „Wie geht es uns, Herr Küppersbusch?".

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