Die Wahrheit: From Frobel with love
Die Philippinische Woche der Wahrheit: Wer hätte gedacht, dass im asiatischen Inselstaat die von einem Deutschen erfundenen Kindergärten blühen?
V or Monaten erreichte mich ein Videocall von den Philippinen. Eine lebhafte Frau namens Carla sagte in feinem Deutsch, dass sie Sprachlehrerin auf der Insel Mindanao sei. Sie käme bald mit ein paar Kolleginnen nach Frankfurt, ihr besonderes Interesse gelte FF. Und ich würde doch manchmal Stadtführungen machen. „Vielleicht könnten wir uns im Holzhausenpark treffen?“ Ich hatte keine Ahnung, wovon sie sprach. „FF? Frankfurter Flughafen?“ – „Nein, Friedrich Fröbel, you know, der Erfinder vom Kindergarten. Der war natürlich in Bad Blankenburg, vorher aber auch Lehrer am Main, das wissen viele nicht so genau“, versuchte Carla mir auf die Sprünge zu helfen.
Ich staunte und wollte mich später wieder melden. Ein Blitztest im Bekanntenkreis ergab null FF-Kenntnis. Ziemliche Pfeifen, denn der hernach befragte Computer spuckte bei Namenseingabe pausenlos Phrasen aus, wie „international Maßstäbe setzend“ oder „nicht mehr wegzudenken“. Erinnerte mich daran, wie ich jahrzehntelang am Kölner Dom vorbeifuhr, ohne auszusteigen, während sich die Touristen dort tummelten.
Nun also Friedrich Fröbel. Interessant: ein verträumter Charakter mit langen Haaren, der sich gern Kristalle und Bäume ansah und zeitlebens keinen eigenen Nachwuchs hatte. Irgendwie kam ihm allerdings die Idee, dass Kinder sich frei entwickeln sollten und spielen, so wie in einem schönen Garten. Das klang damals so verrückt, dass für ganz Preußen ein Kindergartenverbot erlassen wurde. Doch in England lebte das Projekt weiter, ebenso auf den Philippinen, wie ich jetzt wusste, mit fast 120 Millionen Einwohnern.
In Frankfurt angekommen, waren die asiatischen Expertinnen begeistert, die gravierte Tafel am Wasserschlösschen im Park zu erblicken: „Selbst Mitleben ist die wahre und echte Erziehung. Friedrich Fröbel lebte hier als Hauslehrer der Familie von Holzhausen 1806–1808“. Da war er also, der berühmte FF, den ich wie die meisten hier stets übersehen hatte. Ich fotografierte kräftig mit, aber später im Café brach es aus mir heraus: „Meine Kindergartenzeit war langweilig. Ständig sollte ich in der Puppenecke spielen.“ Die Gruppe sah mich betroffen an.
„In Cebu Island, wozu noch 150 kleinere Inseln gehören, gibt es eine Frobel School, die solltest du mal sehen. Puppen waren nicht im Sinne Fröbels“, klärte Carla mich auf. Er hatte besondere „Gaben“ für Kinder entworfen, Filzbälle und Holzklötzchen in Form von Kugeln und Würfeln. Die hätten auch mir garantiert gefallen. Ich stimmte zu und verstand meine Kindheit plötzlich viel besser. Nach unserem intensiven Austausch versprach ich zum Dank für das neu gewonnene Wissen, den gesamten Inselstaat der Philippinen einzuladen, und zwar zur Frankfurter Buchmesse – als Ehrengast.
Es hat geklappt! Derzeit entfaltet sich ein Strom entfesselt mitlebender Besucher über die hiesigen Oktoberfesthallen. Mabuhay und Magadang Hapon! Prost aufs Leben und guten Tag!
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