Die Wahrheit: Moa im Jurassic Park
Neues aus Neuseeland: Ein Unternehmen des „Herr der Ringe“-Regisseurs Peter Jackson will ein ausgestorbenes Tier klonen und wiederbeleben.
O b Auerochse oder Elbebiber: Ausgestorbene einheimische Tierarten haben mich in Deutschland nie wirklich interessiert. Doch da ich jetzt unter Kiwis lebe, die sich nach ihrem seltsamen Wappentier benennen und bedrohte Vogelarten in alljährlichen Wettbewerben wie Oscar-Nominierte abfeiern, finde ich mich bald im antipodischen Jurassic Park wieder. Der Moa kehrt zurück!
Im April ging die Nachricht um die Welt, dass das amerikanische Biotech-Unternehmen Colossal den vor 10.000 Jahren ausgestorbenen Schreckenswolf zurück von den Toten holt. Der Direwolf, der als Raubtier in Nordamerika sein Unwesen trieb, soll dank Gentechnologie als Teil einer „charismatischen Megafauna“ wiederauferstehen. Drei geklonte Grauwolfwelpen können sich bald bei „Game of Thrones“ bewerben.
Jetzt haben wir die nächste Horrormeldung aus dem Collosal-Labor: Das Bioscience-Unternehmen versucht sich auch an unserer Fauna, unterstützt mit einer Geldspritze von „Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson. Nicht Hobbits, sondern Moas werden wiederbelebt. Der rennende Riesenvogel Dinornis robustus war einst dreieinhalb Meter groß und wog 230 Kilo.
Da der Moa von den Ureinwohnern gejagt und verspeist wurde, verschwand er vor rund 600 Jahren von der Bildfläche. Nur fossile Knochen sind noch in Museen zu finden. Doch in zehn Jahren können wir den flugunfähigen Flattermann vielleicht in alter Pracht wiedersehen. So lange braucht das Forschungsprojekt, das erst mal Leihmütter finden muss.
Das südamerikanische Steißhuhn Tinamou ist dem Moa genetisch am ähnlichsten, aber deutlich kleiner. Daher müssen Emus die Embryos ausbrüten. Ethisch unterstützt und wissenschaftlich überwacht wird die paläontologische Geflügelzucht von Ngāi Tahu, dem größten Maori-Stamm der Südinsel. Der hat an den Ausgerotteten wohl einiges gutzumachen.
Nicht alle Vogelfreunde sind von der „de-extinction“ begeistert. Die 50 Millionen Dollar, die der Frankenstein-Versuch kostet, sollten laut Tierschützern besser für noch lebende bedrohte Arten ausgegeben werden. Zoologe Nic Rawlence von der Otago Universität ist „schockiert“ und warnt, dass es für den Moa kein Habitat gebe, um in freier Wildbahn zu überleben.
Doch auch da hat Colossal vorgesorgt und will mithilfe von Ngāi Tahu eigene Reservate für die reanimierte Spezies anlegen. Eine zukünftige Touristenattraktion Aotearoas, wenn „Herr der Ringe“-Touren auslaufen? „Wir werden keinen Jurassic Park oder Mammut Park oder Dodo Park oder Moa Park bauen“, versichert Firmenchef Ben Lamm.
Als Eingewanderte halte ich mich aus dieser hochsensiblen Debatte lieber raus und schlage vor, erst mal kleiner anzufangen: mit dem Fern Weevil (Tymbopiptus valeas). Der riesige Rüsselkäfer, der die Ankunft der Polynesier vor knapp tausend Jahren ebenfalls nicht überlebte, verdient ein Comeback. Fliegen konnte er auch nicht.
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