Die Wahrheit: Her mit Olympia!
Lebenslänglich Bayer: Falls Deutschland 2040 Olympia ausrichtet, kann die Losung nur lauten –ohne den Freistaat geht gar nix, ois klar?
E inen Sonnenkönig haben wir zwar nicht. Dafür haben die Franzosen keinen Märchenkönig. Deshalb machen wir das Sportklettern zum Beispiel draußen bei Neuschwanstein. Das ist sowieso das berühmteste Gebäude der Welt. Der Eiffelturm kann da nicht mithalten. Da kann er noch so schön runterschauen auf das Beachvolleyballstadion.
Die fünf Ringe sind jedenfalls schnell angebracht am Königsschloss. Also, her mit den Olympischen Spielen! Das mag ja ganz schön gewesen sein in Paris. Jetzt sind wir dran. Deutschland bewirbt sich, und eigentlich kann kein Weg an München als Host City vorbeiführen.
Die armen Schützen. Ganz weit außerhalb von Paris haben sie ihre Waffen auf die Ziele richten müssen. In München gibt es jedes Jahr auf dem Oktoberfest ein Schützenzelt. Auf dem berühmtesten Fest der Welt! Hat Paris so etwas? Nein.
Man müsste die Wiesn nur ein paar Wochen nach vorne verlängern, schon hätten wir das beste Ambiente für die Schützen. Und die Bierpreise haben ja jetzt schon fast olympisches Niveau. Sie müssten nur geringfügig nach oben angepasst werden. Mal schauen, ob die sonst so treffsicheren Chinesen und Koreaner dann noch die Mitte der Scheibe finden, wenn die Bierzeltkapelle „Layla“ oder ein anderes traditionelles bayerisches Volkslied anstimmt.
Und so einen Schmarrn wie Breaking als olympische Disziplin braucht’s in München auch nicht. Gold im Schuhplattln sollte uns jedenfalls sicher sein. Das ist wenigstens eine ordentliche Sportart, wo man gewiss nicht im Schlabbertrainingsanzug auf den Tanzboden gehen darf.
Nein, so etwas darf es in Bayern nicht geben
Erst kürzlich hat eine Familie aus dem oberbayerischen Trostberg einen Trachtenverein verlassen müssen, weil der Sohn geglaubt hat, er könne mit langen Haaren da mitmachen. Es sind auch schon Frauen mit einer Kurzhaarfrisur von den Trachtlern als unerwünscht bezeichnet worden. Nein, so etwas darf es in Bayern nicht geben.
Im Freistaat wäre es nie möglich gewesen, dass so eine wie diese algerische Boxerin mitmachen dürfte. Nur wer aussieht, wie sich alte Bayern eine Frau vorstellen, hat das Zeug für Olympia. Da braucht es auch keinen Geschlechtstest. Ein Genderskandal wäre ausgeschlossen, wenn die Spiele nach München kämen. Das Gendern ist ja hier jetzt sowieso verboten.
Die Isar ist auch nicht so dreckig wie die Seine, und sie fließt so schnell, dass alle Rekorde gebrochen würden, wenn man die Freiwasserschwimmer nur in der richtigen Richtung auf die Strecke schickt. Andersrum wäre es auch interessant. Nur vielleicht ein bisschen langwierig.
Wo das Herz der Spiele sein könnte, der Ort, an dem die Mitglieder des Internationalen Olympischen Komitees residieren, darüber wird gewiss noch ein wenig gestritten werden. Luxushotels gibt es genug in der Stadt. Im relativ neuen Rosewood in der Kardinal-Faulhaber-Straße sollen schon mal 17.000 Euro für eine Suite pro Nacht abgerufen worden sein. Wenn das nicht olympiareif ist!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“