Die Wahrheit: Giraffen gegen Rotlichtsünder

Statt den öffentlichen Nahverkehr in Dublin zu verbessern, lässt sich der grüne Verkehrsminister immer neue Schikanen für Autofahrer einfallen.

Irische Ampeln haben ihren eigenen Willen. Auf Hauptstraßen lassen sie manchmal lediglich zwei Autos durch, bevor sie geschwind wieder auf Rot schalten, so dass sich der Verkehr staut. Beim nächsten Mal bleibt die Ampel womöglich ewig grün, so dass der Querverkehr verzweifelt. Das Ergebnis ist, dass Autos bei Tiefrot über die Kreuzungen huschen.

Um das zu verhindern, hat der zuständige Minister Eamon Ryan von den Grünen eine clevere Idee. Er will im nächsten Jahr zwei Blitzampeln in Dublin installieren lassen. Ganz so neu, wie Ryan glaubt, ist die Idee freilich nicht. Im Jahr 2025 hatte man das am Dubliner Blackhall Place sechs Monate lang probiert und dabei 800 Rotsünder geschnappt. Leider fehlte für die Blitzampel die rechtliche Grundlage, und so wurde sie wieder abgebaut. Möglicherweise lag bloß ein Missverständnis vor. Der damalige Justizminister war streng katholisch, und als ihm der Antrag für eine „Red Light Camera“ – also Rotlichtkamera – vorgelegt wurde, dachte er an etwas ganz anderes und lehnte ab.

Auch Ryan muss erst mal eine Rechtsgrundlage schaffen, bevor er seine Ampeln installieren darf. Eine bessere Idee wäre, den öffentlichen Nahverkehr auf Vordermann zu bringen, damit die Menschen ihre Autos stehenlassen, wodurch auch Blitzampeln überflüssig würden.

Eine andere Initiative, die vor Kurzem eingeführt wurde, ist die Vorschrift, dass jeder Polizist dazu verdonnert wird, sich täglich eine halbe Stunde lang auf Verkehrsstreife zu begeben. Die Polizeigewerkschaft tat das als lächerliche PR-Aktion ab.

Das ist aber noch nicht alles. Demnächst wird auf irischen Straßen ein Lkw-Führerhaus eingesetzt, das von Zivilpolizisten gefahren wird. Von ihrem erhöhten Aussichtspunkt aus können sie in die Autos hineinschauen, um festzustellen, ob jemand ein Handy benutzt, nicht angeschnallt ist oder gar se­xuel­le Dinge tut, die unweigerlich zum Erblinden im Straßenverkehr führen.

Außerdem können die Beamten von ihrem „Supercab“, wie das Fahrzeug genannt wird, in die Führerhäuser anderer Lkw sehen, was Polizisten in Streifenwagen nicht vergönnt ist. Die Polizei glaubt, dass viele Trucker ihre Handys oder andere elek­tro­nische Geräte auf den Schoß legen, um nicht ertappt zu werden. Der Lkw wird zusammen mit einem „Abfangjäger“ – einem herkömmlichen Streifenwagen – eingesetzt, der die Sünder stoppt.

Das ist erst der Anfang. Um Lohnkosten zu sparen, hat die Polizei eine Herde Giraffen angeschafft. Sie sollen nach einer zwölfmonatigen Ausbildung als Reklametafeln getarnt auf den Seitenstreifen der Autobahnen und Schnellstraßen grasen und den Kopf heben, sobald sich ein Auto nähert. Dann lösen sie mit den Ohren eine Spezialkamera aus, die ihnen um den Hals baumelt. In einem Feldversuch will man den besonders gelehrigen Tieren beibringen, auch die Bußgelder zu kassieren.

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Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

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kari

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