Die Wahrheit: Der Beckenbavatar
Ja, der leibhaftige „Kaiser“ Franz hat im Januar das Zeitliche gesegnet: Doch dank seines Hologramms wird er Tuchel als Bayern-Trainer ablösen.
P aukenschlag an der Säbener Straße: Franz Beckenbauer soll ab sofort Nachfolger des Cheftrainers Thomas „Tuchel“ Tuch beim FC Bayern München werden, wie der Verein am Montag bekannt gab. Was zunächst wie ein pietätloser Witz klingt, immerhin ist der „echte“ Beckenbauer bereits im Januar 2024 verstorben, ist im Kern die Fortsetzung einer technischen Revolution: Nicht der leibhaftige „Kaiser“ soll es werden, sondern sein virtuelles Alter Ego, ein „Beckenbavatar“.
Vermessen wurde Beckenbauer schon 1973, im Zuge des Spielfilms „Libero“. 32 Hochleistungskameras fingen sämtliche seiner Bewegungen über 90 Minuten eines Bundesligaspiels ein. Großrechenanlagen konnten aber damals diese riesige Datenmenge noch nicht verarbeiten, nur 100 Seiten der Bibel und ein Drittel der Alkoholbestellungen beim CSU-Stammtisch in Wildbad Kreuth erfassen. Seitdem lagerten diese Aufzeichnungen im Atomzwischenlager Grafenrheinfeld. Einen Durchbruch gab es erst 1985.
Software-Spezialistinnen erstellten aus den Daten einen rudimentären Libero in 3D, der mit einer handelsüblichen 3D-Brille erfasst werden konnte. 1986 gab es erste Überlegungen, daraus einen beweglichen Beckenbauer-Klon zu entwickeln, als Back-up für den „Suppenkasper“ (Uli Stein über Beckenbauer) zur WM in Mexiko. Der Avatar zeigte Beckenbauer in zeitgemäßer Golf-Karohose, Kaschmirpulli und Minipli. Damit sollte er späterhin auch neben den „Abbataren“ in der Hologramm-Show der Popgruppe ABBA eingewechselt werden.
Erster Kurzzeiteinsatz als Hologramm 1990
In Mexiko kam der virtuelle Beckenbauer aber noch nicht zum Einsatz, wegen der dünnen Luft („Montezumas Rache“). Und aus Datenschutzgründen nicht bei der Heim-EM 1988 in Deutschland. Einen ersten unbemerkten Kurzzeiteinsatz des Kaisers als Hologramm gab es bei der WM 1990, im Spiel der Deutschen gegen die Tschechoslowakei (1:0). Der Beckenbavatar wütete allerdings gänzlich unkontrolliert an der Seitenlinie. Der schuldige Programmierer konnte nie ermittelt werden, ein Zusammenhang mit Bernd Schuster wird vermutet.
Der erste Test des virtuellen Beckenbauers über einen längeren Zeitraum, als Nachfolger „König“ Otto Rehhagels bei den Bayern, startete 1993/94. Franz Beckenbauer wollte nach seinem Weltmeistertriumph 1990 partout nicht auf die Trainerbank zurückkehren. Doch seine Bayern brauchten ihn – und standen am Ende der Saison dank ihres Beckenbavatars an der Seitenlinie wieder ganz oben.
Dieser Erfolg soll sich nun wiederholen, auch mit floskeliger Intelligenz („Geht’s raus und spuit’s Fußball“). Experten zeigen sich zuversichtlich: „Laptop und Lederhose, dafür stehen die Bayern“, erklärte jetzt der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber. Weggefährte Günter Netzer ergänzte: „Eine exzellente Lösung. Auch der ‚echte‘ Franz hat ja auf dem Platz NIE GESCHWITZT!“
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!