Die Wahrheit: Bono und der durchgeknallte Ire

Einer der gerissensten Wirrköpfe Irland ist tot. Und damit ist kein Mitglied der katholischen Blaskapelle U2 gemeint.

Ben Dunne ist tot. Das ist schade, denn er war stets für unterhaltsame Schlagzeilen gut. 1991 hatte er dem damaligen Pre­mier­minister Charles Haughey, dem korruptesten irischen Politiker aller Zeiten, ein hübsches Sümmchen zukommen lassen, um ihn aus der finanziellen Patsche zu helfen, in die er wegen seines überaus luxuriösen Lebensstils geraten war. Als das bei einem Tribunal herauskam, war Haugheys Schicksal besiegelt.

Zehn Jahre zuvor war Dunne von der Irisch-Republikanischen Armee (IRA) entführt und nach einer Woche freigelassen worden. Dunne behauptete, dass kein Lösegeld gezahlt worden sei. Hat sich die IRA etwa mit ein paar Gutscheinen für Dunnes Kaufhauskette zufriedengegeben? Damals waren es 67 Fi­lia­len mit einem Umsatz von 300 Millionen Pfund.

Ende der achtziger Jahre entließ Dunne eine Verkäuferin, die sich geweigert hatte, eine Pampelmuse aus dem Apartheidstaat Südafrika zu verkaufen. Es folgte ein Streik, der fast drei Jahre dauerte und erst endete, als Irland als erstes Land der Welt ein Importverbot für südafrikanische Waren verhängte.

In einer Nacht im Februar 1992 hatte Dunne das Luxus-Penthouse im Grand Cypress Hotel in Florida für 1.200 Dollar die Nacht gemietet. Wohl aus alter Gewohnheit, Waren in großen Mengen zu kaufen, hatte er mehr als 40 Gramm Kokain erworben und zwei Prostituierte aufs Zimmer bestellt. Nachdem er sich das Zeug durch die Nase gezogen hatte, erlitt er eine Psychose und flippte völlig aus. „Er war wie ein wahnsinnig gewordener King Kong“, erzählte die Prostituierte. Dunne wollte vom Balkon im 17. Stock springen, weil er glaubte, dass die IRA ihn wieder kidnappen würde. Die Prostituierte rannte in Panik zur Rezeption.

Zufällig

Zufällig wohnte aber auch Bono, der Sänger der Dubliner Schlagerkapelle U2, im 17. Stock des Hotels, so dass der Rezeptionist annahm, es handle sich um die üblichen Ungezogenheiten eines Rockmusikers. Er rief die Polizei.

Die traf wenige Minuten später schwerbewaffnet ein – ebenso wie die zweite Pros­ti­tu­ier­te, die Dunne bestellt hatte. Sie war überrascht über das Polizeiaufgebot und fragte einen Polizisten, was denn los sei. Der antwortete: „Ein Ire ist komplett durchgedreht.“

In dem Moment verließ Bono das Hotel. Die Prostituierte kombinierte ebenso wie der Rezeptionist, dass Bono ihr Kunde sei und durchgeknallt war. „Ich war immer ein Fan von ihm“, sagte sie, „aber es schien kaum der richtige Zeitpunkt, um mich ihm vorzustellen.“ Bono war in diesem Fall aber unschuldig, er wohnte zufällig in dem Hotel, um die Zoo-TV-Tour vorzubereiten.

Dunne wurde nach dem Vorfall von seinen Geschwistern aus der Firma geworfen. Am vorvergangenen Wochenende ist er im Alter von 74 Jahren gestorben. An einem Herzinfarkt. Man hätte von ihm eine interessantere Todesart erwarten dürfen.

Die Wahrheit auf taz.de

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net

ist die einzige Satire- und Humorseite einer Tageszeitung weltweit. Sie hat den ©Tom. Und drei Grundsätze.

kari

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.