Die Wahrheit: Planet der Parkplätze
Freundliche Außerirdische werden wohl bald mit entnervten Erdlingen eine fruchtbare Symbiose eingehen. Ein Tatsachenbericht.
Der britische Tausendsassa Richard Branson wird demnächst die ganze Welt mit einem neuen Projekt überraschen, mit dem er den großen Traum wahr werden lässt, den die Menschheit seit Anbeginn der Zeit für unerfüllbar hielt. Wie jetzt aus gut unterrichteten Kreisen selbst bis zur taz durchdrang, hat der attraktive Jungunternehmer knapp außerhalb unseres bekannten Sonnensystems einen neuen Exoplaneten namens B§045°CXDS%>0948p;$$&kd aufgetan, dessen Bewohner sich Schnorzeln nennen, blaue Haare, links nur einen Arm und sieben Füße haben, und sich von Benzin und Abgasen aus Vulkanen ernähren.
Ihr ganzes Leben – sie leben im Schnitt umgerechnet 469 Erdenjahre – haben sie der Schaffung von immer neuen Parkplätzen gewidmet. Parkplätze, wohin man nur sieht. Das einzige Problem: Die Schnorzeln haben es bisher noch nicht auf die Reihe gekriegt, das Rad, geschweige denn Autos zu erfinden.
Wie unser Informant kolportierte, soll Branson bei einem geheimen Treffen mit irgendwem ausgerufen haben: „Und hier komme ich ins Spiel! Jeder Mensch soll die Gelegenheit bekommen, einen oder mehrere Parkplätze zu finden, auf denen er seine Gefährte oder Gefährten parken kann, solange er nur will!“ Gerüchten zufolge bereitet Branson schon seit geraumen 14 Tagen die Konstruktion eines neuen Raumschiffes vor, das er „Giant Virgin Galactic XXXL“ taufen wird und in das vier Millionen irdische Fahrzeuge passen, die er zunächst für ein Probeparken nach B§045°CXDS%>0948p;$$&kd verfrachten will. Die Reise dorthin soll momentan noch mehrere Lichtjahrzehnte dauern, aber Branson ist zuversichtlich, dass er die Fahrtzeit innerhalb weniger Monate auf zweieinhalb Tage reduzieren kann.
Branson soll sich außerdem bei den Schnorzeln versichert haben, dass keinerlei Parkgebühren anfallen werden, jedenfalls nicht zwischen 19 und 8 Uhr. Zudem arbeiten die freundlichen Außerirdischen bereits fieberhaft am Bau von unzähligen Tiefgaragen, die ganz B§045°CXDS%>0948p;$$&kd unterhöhlen werden.
Das gut gemeinte Unterfangen könnte allerdings zu politischen Komplikationen führen, denn die Regierung des dem B§045°CXDS%>0948p;$$&kd benachbarten Exoplaneten Käppi, der ausschließlich von Politessen und Parkuhren bewohnt wird, deutete schon im Vorfeld an, dass man das geplante Unterfangen möglicherweise als Provokation einstufen und sich Gegenmaßnahmen vorbehalten werde. Wie der Geheimdienst von B§045°CXDS%>0948p;$$&kd verlauten ließ, steht zu befürchten, dass die Regierung von Käppi in eilig hochgezogenen Fabriken bereits die erhöhte Produktion von Abermilliarden Knöllchenblöcken und Bleistiften in Gang gesetzt hat.
Lange Reise von Käppi nach B§045°CXDS%>0948p;$$&kd
Doch das ficht weder die Schnorzeln noch den agilen Springinsfeld Branson an, denn die Reise von Käppi nach B§045°CXDS%>0948p;$$&kd dauert ungefähr 27 Lichtjahre und die Politessen und Parkuhren haben bisher noch keine Raumschiffe erfunden. „Möglicherweise ist das auch eine Marktlücke“, soll Branson laut dem Bericht unseres Informanten sinniert haben. „Mit Raumschiffen könnte ich ja immerhin dienen. Schließlich soll es auf lange Sicht jedem Bewohner des Universums möglich sein, andere Sternensysteme und Galaxien ohne großen Aufwand zu besuchen.“
Doch zunächst treibt der liebenswerte Filou erst mal den Bau von „Giant Virgin Galactic XXXL“ voran. Angeblich gibt es schon sehr viele Interessenten, die seit Jahren oder Jahrzehnten in ihren Autos durch die Straßen und Städte der Erde kurven, ohne einen Parkplatz zu finden. Manche sollen dabei schon ganze Familien gegründet haben, deren Kinder bereits fast im studierfähigen Alter sind und noch nie die Welt außerhalb der Karosserien kennenlernen durften.
„Folgendes ist meine Vision“, soll Branson mit charmantem Zwinkern seiner stahlblauen Augen weiters ausgerufen haben: „Ein Planet, auf dem alle Autos der Welt wild durcheinander parken dürfen, ohne Vorschriften, ohne Regeln! Vielleicht lasse ich aus Spaß auch noch ein paar ‚Absolutes Halteverbot‘-Schilder aufstellen, nur für den Kick der Parkwilligen. Die haben dann zwar den aufregenden Adrenalinschub, etwas Verbotenes zu tun, wissen dabei aber genau, dass ihnen nichts passieren kann. So wie in dem Film ‚Westworld‘ mit Yul Brunner!“
43 Millionen Euro für Ticket zu B§045°CXDS%>0948p;$$&kd
Das einzige Problem, das auftreten könnte, ist die Finanzierung des Branson’schen Projekts. Zwar ist der sympathische Milliardär mit den blendendweißen Zähnen unermesslich reich und soll sogar auf seiner Privatinsel in der Karibik eine eigene Goldmine betreiben, doch schließlich ist er auch Geschäftsmann und muss ja irgendwie seine Schäfchen ins Trockene bringen. Daher, so unser Informant, wird ein Ticket zu B§045°CXDS%>0948p;$$&kd, zumindest in den ersten paar Jahren, deftige umgerechnet 43 Millionen Euro kosten, und das auch nur, wenn „Giant Virgin Galactic XXXL“ auf der Fahrt voll ausgelastet ist. Sonst wird es teurer. Aber davon sollte man sich die Vorfreude und den Aufbruchsgeist keinesfalls vermiesen lassen!
Auf B§045°CXDS%>0948p;$$&kd herrscht jedenfalls jetzt schon Festtagsstimmung. Die – bislang noch leerstehenden – Parkplätze und -buchten werden bereits mit Blumengirlanden, Blaskapellen und bunten Fähnchen geschmückt, die Schnorzeln haben sich in ihre schicksten Gewänder gehüllt und feiern eine ausschweifende und ausgelassene Party mit hektoliterweise Benzin nach der anderen, denn sie können die Ankunft der irdischen Autos kaum noch erwarten. Angeblich gründen sie auch gerade eine Weltreligion, die sie „Bransonbrumm“ nennen wollen und die sie in den neu gebauten, riesigen Parkhäusern mit Abgasen und klerikalen Benzingelagen ordentlich zu zelebrieren gedenken.
Und so hat es der verehrungswürdige Blondschopf Richard Branson bald wieder einmal geschafft, Gutes zu vollbringen, Glück zu verbreiten und Menschen und Schnorzeln immerwährende Freude zu schenken. Was für ein toller Mann, dieser jungenhafte Richard Branson! Er lebe hoch, hoch, hoch!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungerechtigkeit in Deutschland
Her mit dem schönen Leben!
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Die HTS in Syrien
Vom Islamismus zur führenden Rebellengruppe