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Die WahrheitHeldentod der schwäbischen Hausfrau

Donnerstag ist Gedichtetag auf der Wahrheit. Heute darf sich die Leserschaft an einem Poem über das Mammut des Sparens erfreuen.

Foto: dpa

Weh, weh, weh! Die schwäbische Hausfrau ist tot!

Verzweifelt verendet vor Lidl-Regalen,

der Hoffnung beraubt auf ein Sparangebot,

starb sie nach der Frage: „Wer soll das bezahlen?“

Zu teuer die Zutat für Mus und Gelee,

fürs Sauerkrautstampfen, fürs Selbsteingemachte,

geschweige denn Hering und Bücklingfilet,

auch zählte nichts mehr, was den Treuepunkt brachte.

Wie traurig der Anblick der sparsamen Frau!

Im Kühlregal wühlend ins Eisfach geraten,

und kurz vor Filialschluss kam es dann zum Gau

unter Fertiggerichten und Schweinebraten.

Wie rettet nun Lindner den Bundesetat,

wo sie, diese Hausfrau, sein Vorbild im Geiste,

die stets auf den Füllstand des Sparstrumpfes sah,

dem Spartriebe folgend im Kühlfach vereiste?

Die Staatstrauer dauert in Stuttgart noch an.

Die Suche von Kretschmann nach preiswerten Kränzen

mit wiederverwendbaren Namen daran

setzt Trauer und Würde jedoch enge Grenzen.

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4 Kommentare

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  • So ist sie nicht gestorben,

    die tapfere Frau.



    In Wahrheit ist sie nämlich ne coole Sau!



    "Wer einfrieren kann muss auch auftauen können!"



    Sie wird sich nicht einmal den Tod hier gönnen.

    Zombigleich entstiegen dem Speiseeis



    sieht sie "Vanille mit Cookies" zum Wucherpreis.



    Mit teuer kann sie sich echt nicht vereinen,



    wäre nicht mehr mit sich im Reinen,



    ließe sie zu, dass der Luxus sie kriegt



    und über ihre spar-arme Gesinnung siegt.

    Mit Tupperteigkratzer schabt sie ihr Leben,



    was kann es für Schwaben schöneres geben,



    aus dem Glas in das sie eingemacht ist.



    Sie feixt nicht einmal ob dieser List.



    Sie kann es, kennt jeden geizigen Move,



    schützt damit sicher den guten Ruf



    aller Haus- Schwaben- Frauen



    und deren Notgeburt,



    die den Gürtel stets haben enger gezurrt.

    Wenn sie ablebt, bleibt nicht viel Rest



    denn das hasste sie immer wie die Pest:



    "Iss auf, die Wurst!" befahl sie dann



    dem Heimkonsumenten, der einst ihr Mann.



    Sie stirbt aus, ihre Gattung, das ist klar,



    und weil Gas ist in Deutschland heute rar,



    stellt sie ihre Reste, flüssig und fein,



    als Heizenergie bei Ebay noch ein.

    Die Politik kondoliert mit erhobenem Kopf:



    "Nehmt euch ein Beispiel an dieser Frau!



    Der Bürger greift bitte in den eigenen Topf,



    dann wird der Winter auch nicht rau."

  • HISTORISCH NICHT IMMER WAREN



    HÖCHSTE ZIELE DIE MIT SPAREN



    /



    Nicht nur die es nötig haben,



    Ob in Ober-/ Unterschwaben,



    Üben sich bei starkem Reiz



    Zu verbessern durch den Geiz.



    /



    Anderswo gibt es ein Prahlen,



    So im Rheinland beim Bezahlen,



    Macht mensch Leute sich gefügig,



    Ist dazu richtig großzügig.



    /



    Gilt es oft etwas zu feiern,



    Muss aus dem Kreuz niemand leiern



    Zum Zweck des Allgemeinwohle



    Die erforderliche Kohle.



    /



    Manchmal sitzt das Geld recht lose



    In der vollen Spendierhose,



    Mäzenatentum ist richtig



    In der Gemeinde sehr wichtig.



    /



    Da man sich lang auch schon kennt



    Und beim Vornamen sich nennt,



    Hilft man sich, dass es auch fluppt,



    Schätzt das nicht ein als korrupt.



    /



    Klüngel etwa in Cologne



    Bringt dem Mäzen dann auch schon



    Hier und da im Karneval



    Einen neuen Auftragsfall.



    /



    Leben und auch leben lassen,



    Ab und zu dann mal krass prassen,



    "Im Jenseits da kannste sparen"-



    Wenn die Jahre hier fett waren.



    /



    Und die Lehre vom Gedicht:



    Bimbes-Freunde sparen nicht.



    Schäuble unter Kanzler Kohl



    War daher oft nicht ganz wohl.



    //



    taz.de/!659388/



    /



    taz.de/Kolumne-Kapitalozaen/!5418994/



    //



    taz.de/Volksverdum...hoch-zehn/!261637/



    //



    November 2022, MR

  • Schaffe, schaffe Häusle baue,



    sagte die schwäbische Maid.



    Tat nach Angeboten schauen



    und dann tat sie sich sehr leid:



    -



    „Billig gibt es heut nix mehr,



    nichts kann mein Gemüt erhellen



    wo krieg ich was zu essen her,



    könnt den Hund verkaufen, selber bellen.



    -



    Der Nachbar könnte bei mir wohnen.



    Gegen Bares, ist doch klar!



    Das könnte sich für mich doch lohnen



    und manche Wünsche würden wahr.



    -



    Ich müsste mich nicht mehr verrenken,



    um in Tiefkühltruhen einzutauchen,



    würde schonen die Gelenke



    und könnt in Ruhe eine rauchen.



    -



    Ach es schwirren die Gedanken,



    kann sie gar nicht richtig fassen.



    Werd' daran aber nicht erkranken,



    werd' mich einfach treiben lassen.



    -



    Zur Not kommt Lindner dann zu mir



    mit Köstlichkeiten, die ich ersehne.



    Stellt sie ab vor meiner Tür



    und ich geh‘ in Quarantäne.“

    • @Nicki Müller:

      VORURTEILE WURZELN TIEF IN SO MANCHEM NARRATIV



      /



      Was spart sie so ganz genau,



      Diese schwäbische Hausfrau?



      Ist es wie sonst auf der Welt-



      Eher Bares, echtes Geld?



      Oder darf mensch nicht vergessen



      Dass es ging auch um das Essen?



      In der Winterzeit beim Heizen



      Konnte sie mit Kohle geizen.



      Gab's daheim öfter auch Hiebe



      Sparte sie dann wohl an Liebe.



      Auf der Alb an manchen Orten



      War Bedarf gering an Worten,



      Aber Not an Arbeitskraft,



      Daher sie 'im Bild' meist schafft.



      Was sie kennt ist eher Buße



      Als am Abend voller Muße



      Sich dem Genuss hinzugeben



      Und aus vollen Zügen leben.



      Ob damit die Sparsamkeit



      Wohl den Menschen hier befreit?



      Oder kann sich selbst zu zwingen



      Nachteile durch Geiz wohl bringen?



      //



      taz.de/Hey-psst--h...e-uebrig/!5371521/



      //



      www.faz.net/aktuel...frau-14333164.html



      //



      taz.de/!817028/