Die Wahrheit: ¡Buenos días, quiero Doppelwumms!
Die Spanien-Woche der Wahrheit: Nach drei Wochen Sprachkurs im bezaubernden Salamanca ist man körperlich ein Wrack ansonsten aber, hola, fidel …
D ie Sehnsucht nach Spanien begann spätestens 1972 als Imca Marina, Künstlername einer bis heute munteren Niederländerin, sich in unsere Herzen sang mit „Viva España!“ und den unvergesslichen Zeilen „Die Sonne scheint bei Tag und Nacht, der Himmel weiß, wie sie das macht“ und „lalala lalalalaaa“. Der Flamenco-Film „Carmen“ von Carlos Saura schaffte es 1983 erneut in der BRD, die Liebe zu diesem Land zu entfachen.
Diese Spanier, so schien es, besaßen einfach alles, was wir etwa in Mettmann nicht hatten: Charme, Temperament, Stolz und Schönheit. In den Ferien fuhr ich deshalb mit einer Freundin zu einem Sprachkurs nach Salamanca, um dem Phänomen auf den Grund zu gehen.
¿El Stierkampf te gusta?
Das straffe Programm in der bezaubernden Stadt wurde jedoch schnell zum Desaster. Es gab immer erst um 21 Uhr Abendessen, danach mussten wir uns aufbrezeln und ausgehen. Das machten schließlich alle so. Claro, dass wir beim Sprachunterricht jeden Tag müder wurden. Der Lehrer hatte zudem ein Faible für unregelmäßige Verben, das wir nicht teilten. Wir erklärten, mehr sprechen zu wollen. Also übten wir bei ihm fortan telefonieren: „Soy Sabine. ¿Y tu?“. Oder wir versuchten, kontroverse Themen zu diskutieren: „¿El Stierkampf te gusta?“
Das Problem lag leider weiterhin darin, dass wir dieses Spanisch einfach nicht sprechen konnten. Im nachmittäglichen Flamencokurs versagten wir trotz der wundervollen Vortänzerin ebenso kläglich, denn die Bewegungen für die Hände sollten ganz anders sein als die für die Füße. Nach drei Wochen war ich trotz der Schwierigkeiten durchaus guter Laune, doch körperlich ein Wrack. „Es war schön mit dir“, sagte meine innere Stimme zu Spanien. „Aber langfristig passen wir einfach nicht so richtig zueinander.“
Die Verehrung für vieles blieb: Lackschuhe, Kartoffeltortilla und das Glanzmagazin ¡Hola! mit News über das Traumpaar schlechthin – Penélope Cruz und Javier Bardem. Hola, wir haben halt die Geissens, Veronica Ferres und Carsten Maschmeyer. Sogar der spanische Regierungschef Pedro Sánchez kommt elegant hinüber. Schwer vorstellbar, dass es bei ihm einen „Doppelwumms“ geben könnte. Nein, no, ganz ohne Wumms hat seine Regierung kostenfreien Regionalverkehr und den Gaspreisdeckel eingeführt.
Auf Mallorca, wo sich Deutschland und Spanien am nächsten sind, steht in einem kleinen Restaurant ein kleiner Tisch, der eine Touristenattraktion ist, weil im Jahr 2004 Königin Letizia und König Felipe VI. dort einmal saßen. Seitdem ist er stets für die beiden gedeckt. Ob sie wiederkommen? „Quando, quando, sag mir wann?“ Auch ein schönes Lied, ist aber italienisch.
1973 versuchte Imca Marina übrigens an ihren Hit „¡Viva España!“ anzuknüpfen und zwar mit dem Song „Bella Italia“. Dessen Refrain „blauer Himmel, weiße Wolken, schwarze Augen, roter Wein“ ist nicht übel, wurde jedoch selbst in den Niederlanden nur ein mäßiger Erfolg.
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