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Die WahrheitFürchtet euch vor Daisy

Bald stürmt es wieder noch mehr, und dann werden sie wieder aus den Namensschubladen der Meteorologen geholt: Die Sturmnamen. Schon droht uns Daisy!

A m kommenden Freitag ist kalendarischer Herbstanfang, denn dann sind Tag und Nacht gleich lang. Die Meteorologen warnen bereits vor der dunklen Jahreszeit mit den zu erwartenden Stürmen, denen sie illustre Namen gegeben haben.

Bei der Freien Universität Berlin können Menschen Namenspatenschaften für Hochs und Tiefs erwerben: Ein Hoch kostet 390 Euro, ein Tief ist schon für 260 Euro zu haben. In der vorigen Sturmsaison hatten die Hochs männliche und die Tiefs weibliche Namen. Diesmal ist es umgekehrt.

In Irland, Großbritannien und den Niederlanden vergeben die meteorologischen Institute gemeinsam die Namen. Man hat sich auf 21 Stück geeinigt, darunter Ruadhán, den die Dubliner Meteorologen beigesteuert haben. Möglicherweise müssen die britischen und niederländischen Fernseh-Wetterfrösche die Aussprache aber gar nicht üben: Bevor Ruadhán dran wäre, müssten erst 17 andere Stürme gekommen und gegangen sein, denn man geht alphabetisch vor. Vorigen Herbst und Winter ist man gerade mal bis zum Buchstaben E vorgedrungen.

In diesem Herbst ist Antoni als Erster dran. Danach kommen Betty, Cillian und Daisy. Betty ist durch ein Votum auf Twitter gewählt worden. Die Chefin der irischen Meteorologie, Evelyn Cusack, ist mit den Namen unzufrieden. „Daisy und Betty, pah“, sagte sie. „Das sind doch fröhliche Namen, die niemandem Angst einjagen.“

Weltuntergang schon vor W

Bei Daisy denkt man eher an eine Ente mit einer roten Schleife als an eine Furie, die Katastrophen anrichtet und Häuser zerstört. Wladimir wäre dafür besser geeignet, aber da man alphabetisch vorgeht, wäre die Welt längst untergegangen, bevor man zum W gelangt.

Cusack hat Nelly auf die Liste gesetzt, was auch nicht sonderlich furchterregend ist. Man denkt dabei an einen gemütlichen Abend im Pub – im Durty Nelly’s im Südwesten Irlands. Oder im Durty Nellie’s Irish Pub in Peking, wo die Guinness-Aschenbecher den chinesischen Aufdruck haben: „Schwarzes Bier, großer starker Mann“. Aber vielleicht dachte Cusack ja an den ungarischen Horrorfilm „Gingerclown 3-D“, in dem Nelly the Spiderwoman vorkommt und in Reimen spricht.

Früher hatten die Stürme lediglich Zahlen, nämlich ihre Längen- und Breitengrade, doch das war zu verwirrend. Anfang der 50er Jahre begann man in den USA, die Stürme nach dem phonetischen Alphabet zu benennen: Able, Baker, Charlie … Der erste Sturm hieß also jedes Jahr Able. Ab 1953 bekamen die Stürme weibliche Namen, erst 1978 nahm man auch männliche Vornamen.

Aber einen Sturm Ralf sucht man vergeblich, was schade ist. So hat man im Wetterbericht noch nie den Satz gehört: „Vom Atlantik zieht Ralf nach Irland, zieht euch warm an.“ Immerhin kommt Rafael im Jahr 2024, aber zuvor müssten 16 Wirbelstürme übers Land ziehen. Vielleicht sollte ich 260 Euro investieren und einem deutschen Tief meinen Namen geben.

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Ralf Sotscheck
Korrespondent Irland/GB
Geboren 1954 in Berlin. 1976 bis 1977 Aufenthalt in Belfast als Deutschlehrer. 1984 nach 22 Semestern Studium an der Freien Universität Berlin Diplom als Wirtschaftspädagoge ohne Aussicht auf einen Job. Deshalb 1985 Umzug nach Dublin und erste Versuche als Irland-Korrespondent für die taz, zwei Jahre später auch für Großbritannien zuständig. Und dabei ist es bisher geblieben. Verfasser unzähliger Bücher und Reiseführer über Irland, England und Schottland. U.a.: „Irland. Tückische Insel“, „In Schlucken zwei Spechte“ (mit Harry Rowohlt), „Nichts gegen Iren“, „Der gläserne Trinker“, "Türzwerge schlägt man nicht", "Zocken mit Jesus" (alle Edition Tiamat), „Dublin Blues“ (Rotbuch), "Mein Irland" (Mare) etc. www.sotscheck.net
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