Die Wahrheit: „Ist nichts Schlimmes passiert!“

Jetzt neu als britische Premierministerin in 10 Downing Street: die schönsten Anekdoten über das sympathische Grinsefrettchen Liz Truss.

Cartoon mit Liz Truss.

Illustration: Burkhard Fritsche

Am Dienstag dieser Woche wurde die 47-jährige Oxforderin Mary Elizabeth „Liz“ Truss von Queen Elisabeth II. zur 78. Premierministerin des Vereinigten Königreichs ernannt. Dieses welthistorische Ereignis nimmt die Wahrheit zum Anlass, ausgewählte Anekdoten aus dem Leben der winkeligsten Politikerin Großbritanniens zu erzählen.

Schon als Ernährungsministerin hat sich Liz Truss für Lebensmittel aus der Produktion des United Kingdom starkgemacht und gegen „schändliche“ Käseimporte gewettert. Besonders gegen die aus Frankreich eingeschleppten Stinker wendet sich der Hass der Politikerin, die als Halbwüchsige ein einziges Mal dem reifen Charme eines Reblochons erlag und sich prompt mit Rotschmiere ansteckte. Zwar verlief die Infektion der milchweißen Britin allerhöchstens mild-würzig, doch sondert sie seither unablässig Quark ab.

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In ihrer Funktion als Staatssekretärin des Schatzamtes wurde Liz Truss im Jahr 2018 erstmals zu einer sommerlichen Gartenparty der Queen in den Buckingham Palace eingeladen. Als die künftige Premierministerin am Steuer ihres Cadillac Escalade in den Hof des Palastes einbog, war die königliche Wache bereits in heller Aufregung, denn der Lieblings-Corgi Ihrer Majestät war ausgebüxt. Offensichtlich hielt Willow nichts von dem Trubel und war in den Hof gestrunkelt. Erst beim Einparken bemerkte Liz Truss, dass sie den Pembroke Welsh Corgi überfahren hatte. Um kein Aufsehen zu verursachen, kratzte sie kurzerhand Willows Überreste vom Kopfsteinpflaster und verstaute sie heimlich im Kofferraum. „Ist schon nichts Schlimmes passiert!“, rief sie den suchenden Wachen launig zu. Gegenüber der Queen verlor Liz Truss kein Wort über den peinlichen Unfall.

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Als Liz Truss noch nicht einfach eine einfache Premierministerin war, sondern einfach eine einfache Abgeordnete des Unterhauses für den Wahlkreis South West Norfolk, kam sie einfach auf die Idee, in einer Sitzungsteepause einfach die Nummerierungen aller A roads, also aller britischen Bundesstraßen, die durch South West Norfolk führen, zu addieren. Schließlich war ihr Vater Mathematikprofessor. Liz Truss kam auf die Zahl 2.169. Verrechnet hatte sie sich hinter Swaffham. 47 Meilen fehlten einfach.

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Liz Truss’ Lieblingsgetränk in der Kantine der Leedser Gesamtschule Roundhay war in der Unterstufe einst Pepsi mit Cola und in der Oberstufe schließlich Cola mit Pepsi. Roundhay liegt im Norden von Leeds. Leeds liegt weit weg von London im Norden Englands.

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Zum Feierabend sieht sich Liz Truss immer schon gern die Nachrichtensendungen an. In letzter Zeit fiel ihr auf, dass in der BBC und anderswo öfter von einem „Entlassungspaket“ die Rede war. Aber nicht nur in den Nachrichten, sondern auch tagsüber in den Besprechungen, auf Sitzungen und in Pressekonferenzen hieß es: Entlassungspaket hier, Entlassungspaket da. Als Boris Johnson zurücktrat, dachte sie kurz, sie hätte endlich verstanden, was es mit dem ominösen Entlassungspaket auf sich hatte. Zum Glück betrifft mich das nicht, dachte Liz Truss. Wenn sie sich da mal nicht getäuscht hat!

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Einmal besuchte Liz Truss während einer Wahlkampfveranstaltung einer der Parteien, denen sie im Laufe ihrer kunterbunten politischen Karriere zugeneigt war, eine Stadtbücherei irgendwo im tief verschneiten, südenglischen Küstenlandstrich Cornwall. Nachdem sie eine kaum beachtete Brandrede vor einer Gruppe desinteressierter Schulkinder mit gemischten Pickeln gehalten hatte, lieh sie sich demonstrativ ein Buch über verschiedene Farben aus. Sie versuchte auch, darin zu lesen, fand es aber unanständig, weil es Adjektive enthielt, und brachte es naserümpfend zurück zur Bibliothekarin. Diese erzählt noch heute voller Begeisterung von ihrer schönen Kreuzfahrt durch die norwegischen Fjorde anno 1972. Eine Episode, die Truss’ weiteren Werdegang entscheidend beeinflusste.

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Im Gegensatz zu vielen Tory-Politikern stammt die gebürtige Oxforderin Liz Truss aus kleinen Verhältnissen. In ihrer zweiten Heimat, den schottischen Lowlands, messen die Bewohner nur wenige Inches. Die Highlander aus dem schneebedeckten Oberhaus bringen es dagegen auf Körpermaße von etlichen Furlongs, das sind umgerechnet 134 Zentimeter oder 26 Schillinge. Bislang musste die däumlingsgroße Truss auf mannshohe Geldsäcke wie Rishi Sunak steigen, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Als Premierministerin darf sie aber jederzeit die goldene Perücke ihres Vorgängers tragen oder die Falklandinseln angreifen, um sich überhaupt bemerkbar zu machen.

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Eines Tages reiste Liz Truss, damals schon Staatssekretärin im Bildungsministerium, mit dem Zug in den tiefen Westen das Landes. Der Blick aus dem Fenster beunruhigte sie zusehends. Wo Cardiff liegen sollte, las sie auf dem Schild am Bahnhof „Caerdydd“. Statt Swansea stand dort „Abertawe“ und statt Newport „Casnewydd“. Hilfesuchend wendete sie sich an ihren Assistenten: „Ich glaube, ich habe einen Schlaganfall!“ Der Mitarbeiter erklärte ihr dann, was es mit Wales und der walisischen Sprache auf sich hat. Da war Liz Truss sehr erleichtert.

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Als Liz Truss das letzte Mal als Außenministerin ihr Lieblingslokal, das Chinarestaurant „Yellow Dragon“ im Norden von Chelsea aufsuchte, stand in ihrem Glückskeks: „Wundern Sie sich nicht, wenn Sie sich im Jahre 1985 anrufen, dass Sie dann nicht rangehen.“ Sie dachte an einen Übersetzungsfehler, aber auf der Rückseite stand derselbe Satz, nur in Kantonesisch. Leider speiste sie meist allein im „Yellow Dragon“, bevorzugt an dem ihr zugewiesenen Katzentisch, sodass sie nicht auf die Glückskekssprüche der anderen Gäste spicken konnte. Als sie kurz nach Verlassen des Lokals einen Anruf von sich aus dem Jahr 2029 erhielt, nahm sie das Gespräch vorsorglich nicht an.

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Nur die wenigsten kennen Liz Truss’ ältestes Steckenpferd: Sie sammelt Handtaschen in allen Formen und Farben. Wie sie einmal dem Modemagazin Gentlewoman gestand, habe ihre Sammelleidenschaft während ihrer Zeit als Mitarbeiterin im Rechnungswesen der Ölkompanie Shell begonnen, wo Übergewinne nach der Arbeit bar zur Bank getragen wurden. Mittlerweile besitzt sie rund tausend Stück, allen hat sie einen Namen gegeben. Ihre liebste Handtasche aber besteht aus rissigem weißen Leder mit blutroten, rostigen Beschlägen und heißt Margaret.

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