Die Wahrheit: Die Bär in mir
Lebenslänglich Bayer: Es nervt als Vertreter dieser Gattung ständig auf peinliche CSU-Heinis wie Doro Bär und Andi Scheuer angesprochen zu werden.
E s war wie ein Erdbeben. Wenn ein ganzes Land lacht, dann kann es vorkommen, dass auch die schwersten Bierkrüge auf den Tischen zu tanzen beginnen. Selbst die Häuser im Freistaat schienen sich zu krümmen vor Lachen. Ausgelöst worden war dieses Naturspektakel durch eine Bemerkung von Ilse Aigner, der Präsidentin des Bayerischen Landtags. Als die CSU-Vorsitzende von Oberbayern meinte, das Ziel ihrer Partei für die Landtagswahl 2023 müsse die absolute Mehrheit sein, gab es kein Halten mehr.
Als sich da das gesamte bayerische Staatsvolk auf den Schenkel klopfte, war der Ausschlag in den Erdbebenmesszentren nicht zu übersehen. 31,7 auf der nach oben offenen Richterskala, witzelte manch einer. 31,7 Prozent, das war der Stimmenanteil der CSU bei der Bundestagswahl.
Ilse Aigner haute noch ein paar Pointen raus, von denen zumindest eine ein veritables Nachbeben ausgelöst hat. Die CSU habe gute Leute, hat sie gesagt und dabei dreingeblickt, als glaubte sie den Schmarrn selbst. Als Exilbayer, der über zwei Jahrzehnte in der Ferne darauf wartet, dass sich die Herrschaftsverhältnisse in seinem Herkunftsland verbessern, habe ich mitgelacht. Heilfroh wäre ich, wenn die CSU wirklich in der Opposition landen würde. Wenn man von den Knallchargen, die die CSU in Bundesministerien geschickt hat, nichts mehr hören würde.
Nur allzu oft werde ich auf diese Heinis angesprochen, so als würde ein Stück Doro Bär auch in mir stecken, als wäre ich als Bayer mitverantwortlich für alle die Peinlichkeiten der sogenannten Digitalministerin im Kanzleramt, die in Berlin nicht viel mehr zustande gebracht hat, als einen Fanclub des FC Bayern im Bundestag zu etablieren. In mir schlummert auch, so will ich es zumindest hoffen, kein bisschen Audi Scheuer, der so skrupellos Steuergelder nach Bayern gelenkt hat wie viele seiner Parteikollegen durch das Vermitteln von Maskendeals in ihre eigenen Taschen.
Mit diesem Markus Söder, der immer noch denkt, die Pleite seiner Partei habe nichts mit ihrem Vorsitzenden zu tun, verbindet mich schon gar nichts – nicht nur weil der Franke ist. In Berlin höre ich viel zu oft, dass ein Kanzlerkandidat Söder viel besser als Laschet abgeschnitten hätte, so als wäre in einem langen Wahlkampf nicht aufgefallen, dass hinter all der arroganten Gescheitmeierei, mit der Söder so gerne auftritt, nicht viel ist.
Zu Aigners lachhaften Zielen hat er gesagt, man solle die Erwartungen nicht allzu hoch schrauben. Achtzehn Jahre sei es her, dass die CSU mehr als 50 Prozent geholt habe. Dass sein ehemaliger Lieblingsfeind Horst Seehofer acht Jahre für die CSU eine absolute Mehrheit geholt hat, das hat Söder wohlweislich unter den Tisch fallen lassen. Wahrscheinlich findet er das gar nicht lustig. So wie ich es nicht lustig fände, wenn jemand mir unterstellen würde, ich hätte mit Horst Seehofer mehr gemein als mein bayerisches Idiom.
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