Die Wahrheit: Tiefer Staat in Magdeburg
Massive Turbulenzen nach der Schicksalswahl im weltweit wichtigen Bundesland Sachsen-Hinhalt. Das Klima ist trotz des Sommers frostig bis rostig.
Am Montag nach der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt meldet sich ein führendes Mitglied der AfD zu Wort. Martin Reichardt, der ehemals in der SPD, bei den Republikanern und in der FDP war – und zwar in dieser Reihenfolge –, erklärt: Die Wahl sei gestohlen, das Ergebnis für ungültig zu erklären, die Partei Abschaum für Deutschland (AfD) sei eindeutiger Wahlsieger. Er jedenfalls zweifle das amtliche Endergebnis an und fordere, das endliche Amtergebnis abzuwarten, kurz: Die AfD twittert Morgenluft.
Das ganze Land sei nach fast zwanzigjähriger CDU-Herrschaft ein Bitterfeld, und die Börde eine Bürde – die Zeit sei reif für einen Wechsel, konstatiert Reichardt. Die glücklichsten Menschen würden im Süden der Bundesrepublik wohnen, in Sachsen-Anhalt hingegen hätten die meisten Bürger Angst davor, wie es weitergehe im Leben.
Daraufhin bemerkt die selbst in der eigenen Partei vollkommen unbekannte Landesvorsitzende der SPD, Juliane Kleeman, dass das kein Wunder sei, das Land hieße schließlich nicht zufällig Anhalt. Dennoch sei Sachsen-Anhalt kein rückständiges Entwicklungsland, selbst im Altmarkkreis könne man schließlich inzwischen mit dem Euro bezahlen. Obendrein gebe es viele Regionen wie Leuna, in denen die Chemie stimme.
Hoch her geht es an diesem Montag in allen Parteien. Die FDP mit ihrer Spitzenkandidatin Lydia Hüskens hatte im Wahlkampf entschieden internationale Walbeobachter abgelehnt – mit der Begründung, in Magdeburg habe man das Internationale Walfangabkommen überhaupt nicht unterzeichnen können, da dies nur souveränen Staaten möglich sei. Niemand habe überdies je Wale im Land gesichtet, nicht mal im Großen Goitzschesee.
Riesenbetrug bei Wahlmaschinen
Dabei hätten Wahlbeobachter in dem unterentwickelten Land einiges im Argen entdecken können: So habe es angeblich, wie die AfD herausgefunden haben will, einen Riesenbetrug bei der Software der Wahlmaschinen gegeben, 6.000 Wählerstimmen allein für die Klimaliste seien unmöglich abgegeben worden – in Sachsen-Anhalt existiere gar keine Klimaliste. Es gebe ja nicht einmal ein Klima. Noch dazu gab es gar keine Online-Abstimmungen.
In Halle an der Saale sei ein Wahllokal von einer Halle kurzfristig in einen Saal verlegt worden, angeblich wegen schlechter Witterung, ausgerechnet in einem Stimmbezirk, der traditionell von der AfD gewonnen wird. In einem Stimmbruch bei Dessau habe man Jungwählerstimmen gefunden, auf einem Friedhof in Stendal Urnen.
Das sei so unüblich nicht, so die Antwort des Landeswahlleiters, der verzweifelt die ordnungsgemäße Ziehung des Urnengangs verteidigt. Allerdings vergebens, denn die AfD beharrt darauf, dass es zu schändlichen Taten gekommen sei. In Jerichow seien Vermummte mit roten Masken über die Friedhofsmauern gesprungen, um Stimmzettel zu ergattern. Allein in Ballenstedt County sollen 1.400 Tote gewählt haben: Gut, die Region gilt zwar als toter als der Nationalfriedhof in Arlington, aber gleich so viele? Sowieso gingen die Leute hier nicht einmal lebendig wählen.
Trump zu teuer
Wie wird es weitergehen in Magdeburg? Befürchtet werden sachsen-anhaltende Proteste. Geplant sei ein Marsch auf den Landtag in Magdeburg nebst Erstürmung desselben mit Demonstranten, die sich aus Impfgegnern, Coronaleugnern, Identitären und anderweitig Erleuchteten rekrutieren. Auftreten bei der Protestkundgebung sollte zunächst Donald Trump, der sich allerdings als zu teuer erwies. Also wird der AfD-Führer Björn Höcke aus einem Nachbarland eingeflogen, um der schweigenden Mehrheit lautstark einzuhämmern: Die Wahlergebnisse sind fake, fake, fake – oder wie es im verknoteten Dialekt Sachsen-Anhalts heißt: „fäg“.
Die AfD spricht derweil von einem „Deep State“ in Sachsen-Anhalt und vermutet hinter dem Stimmenklau die Linke, finanziert von George Soros, Bill Gates und anderen kommunistischen Kräften aus dem fernen Amerika. Gemeinsam wolle man das unterschätzteste aller Länder der Welt unterjochen, weil dort einst die Himmelsscheibe von Nebra gefunden wurde, die sämtliche Probleme des Universums lösen könne. Auf ihr sei nämlich insgeheim die Weltformel („Pups plus Popel ungleich gut“) verzeichnet, wie ein gewisser Professor Robert Langdon („Da Vinci Code“) aus Harvard ermittelt haben will.
Im Sturm des Wahlkrampfs steht nur einer wie ein Fels in der Elbebrandung: der heißgeliebte und kalt genossene Landesvater, der weithin strahlende Ministerpräsident David Hasselhoff, der an dem turbulenten Tag nach der Wahl gelassen vor die Kameras der internationalen Presse tritt und den Sieg des Abendlandes über die Barbarei verkündet, da keine Unregelmäßigkeiten festzustellen seien. Dann schmettert der eselgraue Christdemokrat seinen größten Hit in die Mikrofone: „I’ve been looking for freedom …“
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