Die Wahrheit: Mei, Markus!

Lebenslänglich Bayer: Schon beim Arschkriechen in der Schule hat sich gezeigt, dass aus diesem Bub was Gescheites hat werden müssen.

Der kleine Markus war ein süßes Kind. Auf den Fotos von seinerzeit kann man sehen, wie stolz er war bei seiner Einschulung, und auch das Bild, auf dem er neben seinem Vater am Abendbrottisch zu sehen ist, könnte goldiger kaum sein. Fleißig war er, und so gute Noten wie Markus hatte noch keiner vor ihm in der Familie. Seine Lehrerin in der Grundschule mochte ihn, und er ließ es sich gern gefallen, sich bei den Wandertagen von ihr an der Hand führen zu lassen. Da mochten die anderen sagen, was sie wollten, unter seinen Zeugnissen standen Bemerkungen, die sich wie Liebesbriefe lasen. Markus war Lehrerins Liebling.

Auch auf dem Gymnasium schätzten viele Lehrer Markus' freundliche Art. Besonders mochte ihn der Erdkundelehrer. Wenn der mal kurz in die Geografiesammlung musste, um eine Karte zu holen, dann beauftragte er Markus mit der Beaufsichtigung der Klasse. Weil Markus penibel alles meldete, was ihm auffiel – dass Peter heimlich Mathe-Hausaufgaben gemacht oder Annette einfach ihr Strickzeug ausgepackt hatte –, machte sich das in seiner mündlichen Note positiv bemerkbar. Auch andere Lehrer nutzten Markus' Dienste in dieser Hinsicht.

Markus' mündliche Noten waren auch deshalb so gut, weil er es zur Perfektion gebracht hatte, den Lehrern nach dem Mund zu reden. Wenn die Geschichtslehrerin erklärt hatte, welche Bedeutung der Freiherr von Montgelas im jungen Königreich Bayern hatte, meldete er sich und erläuterte in seinen Worten, welche Bedeutung der Freiherr von Montgelas im jungen Königreich Bayern hatte. Dass ihn seine Mitschüler als Arschkriecher bezeichneten, nahm er gelassen zur Kenntnis.

Seine Nachmittage verbrachte er am liebsten bei der Jugendfeuerwehr. Seine Helferdienste bei den jährlichen Feuerwehrfesten wurden allgemein geschätzt, auch von denen, die ihn leise einen Streber schimpften. Markus selbst war das egal, so lange er es war, den der Feuerwehrchef fragte, wenn er jemanden brauchte, der ihm ein Bier holte. Besonders stolz war Markus, als er einmal von der frisch gezapften Mass des Hauptmanns ein bisschen Schaum abtrinken durfte.

Bald war er Führer der Feuerwehrjugend. Und selbst die, die ihn eigentlich nie so recht gemocht hatten, bewunderten seine Tatkraft, als er während eines Feuerwehrfests zur Bühne schritt und alle Anwesenden im Bierzelt nach Hause schickte, weil ein Unwetter aufgezogen war. Mit einem Mal hatte Markus nur noch Freunde.

Kein Wunder, dass er bald schon zum ersten Vorsitzenden der Feuerwehr gewählt wurde. Nun warteten alle seine neuen Freunde auf eine Ansage des Chefs, der vor seiner Wahl gemeint hatte, jetzt sei die Zeit des Anpackens gekommen. Doch es wollte dem Markus partout nichts einfallen. Manchmal schaute er einfach in den Himmel. Ein Unwetter wäre jetzt nicht schlecht, dachte er dann.

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