Die Wahrheit: Chirac nackt!
Aus traurigem Anlass: Eine Erinnerung der Wahrheit-Redaktion an das große, kürzlich verstorbene französische Staatsorgan Jacques Chirac.
Ein großer Staatsmann ist von uns gegangen: Jacques Chirac. Der frühere französische Präsident, der sein Amt von 1995 bis 2007 innehatte, wurde am gestrigen Montag in Paris bei einer monumentalen Trauerfeier in die ewigen Jagdgründe überführt. Seit Tagen erinnert sich die ganze Welt an die heroischen Taten des unvergessenen Monsieur Chirac.
Da kann die Wahrheit nicht zurückstehen und muss eine ihrer Lieblingsanekdoten aus fernen Zeiten zum Besten geben: Es begab sich aber im Jahr 2001, der Elfteseptember war noch nicht als finsteres Jahrhundertereignis am Horizont aufgezogen, da erschütterte die französische Nation ein Skandal von gigantischen Ausmaßen. Paparazzi hatten den Staatspräsidenten im Sommerurlaub auf dem Balkon seines Feriendomizils an der südfranzösischen Küste vollkommen entblößt, aber mit einem Fernglas in der Hand abgelichtet. Die Bilder landeten bei Paris Match, deren Chefredakteur sich weigerte, sie abzudrucken, weil die Fotos „peinlich und abstoßend“ seien.
Peinlich und abstoßend? Das ist ein Fall für die Wahrheit, sagten sich die Redakteure und beauftragten den Fotografen Bernd Hartung, das Skandalfoto auf dem Dach des taz-Gebäudes nachzustellen. Ein Kollege, dessen Name wir aus Gründen der Scham besser nicht nennen wollen, erklärte sich bereit, eine von uns besorgte Chirac-Maske überzuziehen und den blanken Präsidenten zu geben. Arno Frank stieg also aufs Dach, entledigte sich seiner Kleidung, streifte die Maske über und ließ sich unter dem frenetischen Beifall der aus allen Fenstern hängenden, vor allem weiblichen Kollegen splitterfasernackt fotografieren.
Nudistisches Treiben
Am nächsten Tag erschien das Aktfoto auf der Wahrheit-Seite, und wir behaupteten, Jacques Chirac „weltexklusiv“ im Adamskostüm zu zeigen: „Nackig! Das ganze Staatsorgan! Auf dem Balkon! Mit Fernglas! In der Rechten! Der Präsident der République française als gemeiner Spanner und Exhibitionist. Der das nudistische Treiben seiner Untertanen an den Küsten Südfrankreichs minutiös verfolgt und nachahmt. Eine kolossale Sauerei!“ Besorgt fragten wir, ob die französische Presse nun zurückschlägt und Bilder vom nackten Schröder zeigt.
Zum Glück kam es nicht zu diesem deutsch-französischen Paparazzi-Krieg. Was bleibt, ist eine der faszinierendsten Nacktszenen der Weltgeschichte.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Fake News liegen im Trend
Lügen mutiert zur Machtstrategie Nummer eins
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Partei stellt Wahlprogramm vor
Linke will Lebenshaltungskosten für viele senken