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Die WahrheitWahnsinnskacke in Würfelform

Die lustige Tierwelt und ihre ernste Erforschung (80): So süß die Beutler auch sind, wer Wombats liebt, hat es hierzulande nicht leicht.

Ein Wombat tot am Straßenrand, verloren liegt das Tier im Sand Foto: reuters

Die Wombats, „flauschige Beutelsäuger“ mit dem Beutel nach hinten, damit ihren Babys beim Höhlengraben kein Dreck ins Gesicht fliegt, zählen zu den Top-Touristenattraktionen Australiens. Auf einer Insel vor Tasmanien will man die Wombats jetzt vor ihnen schützen – vorerst mit Schildern, auf denen draufsteht: „Ich werde Wombats nicht mit dem Selfie-Stick jagen. Ich werde nicht zu nahe an Babys rangehen. Und ich werde sie auch nicht umzingeln oder gar hochheben.“

Es gibt jedoch bei vielen Menschen einen unwiderstehlichen Drang, Tiere zu berühren, vor allem wenn sie flauschig sind. Diese Leute werden zwecks Streicheln eines Wombats an die „Trowunna Wildlife Sanctuary“ verwiesen: „Dort kann man die niedlichen Tiere anfassen, sie sind inzwischen an Menschen gewöhnt.“

Auf diversen australischen Internetseiten erfährt man zudem mehr über das Leben und Treiben der Pflanzen fressenden Wombats, die bis zu einem Meter groß, vierzig Kilogramm schwer werden und die einzige Art weltweit sind, die würfelförmige Kacke ausscheidet. „Die Wissenschaftler sind der Lösung dieses Rätsels jetzt näher gekommen“, verspricht National Geographic.

Ein schönes Wombat-Erlebnis erzählte der Schriftsteller Ralph Giordano 1997 in seinem Buch „Tierische Geschichten: ‚Der Wombat‘“. Bis dahin wusste ich nicht, dass er sich wie seine Mutter sehr für Tiere interessierte, wenn auch etwas exzentrisch: nur für die hässlichsten. Das kann man über den Wombat nicht sagen, auch wenn man ihn einen „Plumpbeutler“ nennt.

Unermüdliche Wühler

„Ein Leben mit der Liebe zu Wombats ist heutzutage kein leichtes“, meint Giordano, denn in ganz Europa gibt es nur noch sechs Exemplare – in drei Zoos. Als er ein Foto des Tennis-Stars Steffi Graf bei den Australian Open sieht, die einen Wombat im Arm hielt, wurde seine Neugier auf das Tier geradezu manisch. Mittlerweile wusste er alles über die Lebensgewohnheiten der „Vombatidae“ – Haarnasen-, Breitstirn- und Nacktnasen-Wobats. Alle sind „unermüdliche Wühler“, die Gänge von bis zu 800 Metern Länge graben.

Als er von der Ankunft eines Wombats im Westberliner Zoo erfuhr, hielt Giordano nichts mehr. Im Gehege konnte er ihn jedoch nicht sehen. Der Wärter klärte ihn auf: „Wombats sind nachtaktive Tiere.“ Giordano gab jedoch nicht klein bei: Er „schnalzte und lockte ihn, flehte und bettelte“. Und plötzlich bewegte sich etwas hinten in der Box: „Das konnte nichts anderes sein als der Wombat – wenngleich zunächst mit dem Hinterteil voran.“ Der Autor hoffte auf eine „Auge-in-Auge-Begegnung“, aber der Wombat zog sich träge, so wie er hervorgekrochen war, wieder zurück.

Am nächsten Tag erschien Giordano erneut vor dem Gehege, um wieder „zu schnalzen, zu gurren, zu turteln und zu keckern“. Nach einer guten Stunde geschah das Unglaubliche: Der Wombat kam heraus und an das Gitter: „Da atmete er wahrhaftig vor mir, schwer, rund, wollig, stark riechend und – phantastisch.“ Und das mitten am Tag!

Völlig entwurzelt

Als Nächstes besuchte der Schriftsteller den Duisburger Zoo, wo er gleich zwei Wombats sah: ein Männchen und ein Weibchen, durch ein Gitter voneinander getrennt. Ihn nannte Giordano sogleich den Dunklen und sie die Helle. Der Dunkle fing plötzlich an, wie wild ein Loch zu graben. Aber wegen des Käfigfundaments kam er nicht weit. Man hatte ihn in der Gefangenschaft völlig „entwurzelt“. Giordano kam darüber ins Grübeln, „ob es nicht überhaupt geboten sei, Tiere in ihrer natürlichen Umgebung zu lassen“. Aber dann hätte er nie einen lebenden Wombat bestaunen können. Der Dunkle gräbt weiter, während die Helle gelassen dasitzt, aber den „ungebärdigen Freier stets scharf im ­Visier hat“. Das Männchen gräbt, weil es das trennende Gitter nicht akzeptieren kann oder will.

Als Giordano erfährt, dass der Berliner Zoo wieder einen Wombat besitzt, ein Männchen namens Bosco, geht er erneut dorthin, aber der Käfig ist leer. Am Löwengehege fragt er einen Wärter, wo denn der Wombat sei. Der wäre seit gestern im Zoo Hannover, wird ihm geantwortet. Enttäuscht verlässt Giordano den Zoo, „bis heute fehlt ihm die unerlässliche Berührung eines Wombats“.

Ganz anders die „Wombat Warriors“ in Samantha Wheelers gleichnamigem Rowohlt-Rotfuchs-Buch, das mir die australische Übersetzerin Rusalka Reh schickte. Ein Schulmädchen aus Brisbane namens „Maus“ kommt zu ihrer Tante nach Südaustralien, weil die Eltern für eine Weile nach Europa müssen. Im Haus der Tante rumort es plötzlich im Nebenzimmer laut. Ängstlich öffnet sie die Tür, da springt sie ein Wombat an. Es ist ein Weibchen, es lebt bei der Tante und heißt „Miss Pearl“.

Kein Wort über Miss Pearl

Als Maus sich anderntags der Farm des Nachbarn nähert, sieht sie, wie der mit einem Traktor einen Haufen Steine an einer Weide auf lauter fußballgroße Löcher stopft. Etwas abseits steht sein Sohn, dem vor Wut und Trauer die Tränen kommen: Die Löcher haben Wombats gegraben, und der Sohn ist ein heimlicher Wombat-Schützer. Die Tante, die ihr kleines Haus vom Farmer gepachtet hat, klärt Maus auf: „Die Leute auf dem Land behandeln die Tiere nicht wie wir. Kein Wort über Miss Pearl.“ Denn sie lebt quasi illegal bei der Tante, und die Farmer in der Gegend mögen keine Wombats, die ihre Weidepfähle untergraben. Zudem hat das Farmer-Ehepaar auch noch etwas gegen Wichtigtuer aus der Stadt, die keine Ahnung haben, aber alles besser wissen.

Maus lernt mehr bei ihrer Tante, etwa dass Miss Pearl, die mit in ihrem Bett schläft, schnarcht und dass sechs Wombats ungefähr so viel fressen wie ein Schaf. In der Schule entscheidet sie sich bei einem freien „Ologie“-Thema, eine Wombatologie anzufertigen. Dann findet sie auch noch ein verwaistes Wombat-Baby, dessen Mutter überfahren wurde, es heißt Willow. Harry hat es ihr quasi vor die Tür gelegt, er ist auf der Seite von Maus und ihrer Tante.

Nachdem die Eingänge der Wombat-Höhlen mit Steinen und Draht verstopft wurden, starb sein Lieblingswombat, nur einer hat überlebt: „Nepo“. Die anderen hat man erschossen, überfahren und vergiftet. Maus ist entsetzt, weil Wombats doch eine geschützte Tierart sind. Plötzlich ist Harry verschwunden, auf der Suche nach Nepo ist er in dessen Höhle gekrochen und steckt nun fest. Die Feuerwehr muss kommen, um ihn zu befreien, auch Nepo kriecht aus seiner Höhle. Dabei kommen die Campbells dahinter, dass die Tante Wombats schützt, und drohen mit Kündigung, schließlich lassen sie sich aber von ihrem Sohn und von Maus, den zwei „Wombat Warriors“, überzeugen, dass man die Wombat-Löcher einzäunen und mit kleinen Toren versehen könnte.

Die humanen Städter haben sich also am Schluss wieder mal gegen die verrohten Bauern durchgesetzt.

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