Die Wahrheit: Dänischer Haka
Neues aus Neuseeland: Am anderen Ende der Welt wird jetzt der rituelle, aus dem Rugby bekannte Kampftanz der Maori gelehrt – in Düsseldorf.
I ch weiß nicht, was Sie diesen Sonntag machen, aber wenn Sie gerade in Düsseldorf sein sollten, dann können Sie dort im Zentrum Freigeist in zwei Stunden den Haka erlernen: stampfen, brüllen, Schenkelklopfen, Augenrollen. Geht schneller als shoppen auf der Kö. Danach ein Altbier mit Rheinblick. Das sprengt jede Multikulti-Dimension und verbindet Sie sogar mit Wikingern!
Nach Zumba und Yoga, nach Bootcamp und Biodanza gibt’s jetzt das ultimative Powertraining, das auch charaktervertiefend ist. „Haka ist eine Erfahrung, die mit großer Freude und geballter Energie das Leben verändert und bewirkt, dass an vergessene innere Stärken und Potentiale angeknüpft werden kann“, wirbt der Veranstalter. Durch das „Zusammenweben des Spirituellen“ mit dem „Physischen“ und „Verbalen“ fänden sich „neue Möglichkeiten der Authentizität“.
Soviel esoterisches Psycho-Geschwurbel für das, was vor jedem internationalen Rugby-Match ein Stadion voll starker Kerle zum Erzittern bringt? Für das Kriegsgeheul „Ka Mate“, das im Maorischen nicht „Ommm“ oder „zarte Seele“ bedeutet, sondern „der Tod, der Tod“? Hat die New-Age-Bewegung jetzt jede Scham verloren und krallt sich den letzten, tief im Süden des Planeten bislang vor fremdem Zugriff gehüteten Kulturschatz?
Aber nein. Der Haudegen, der am Sonntag vor seinen rheinischen Haka-Schülern stehen wird, ist vom stolzen Stamme der Nghati Kahu aus Neuseeland. Die meiste Zeit seines Lebens hat Kane Harnett-Mutu allerdings Kämpfe als Firmenanwalt geführt. Seit achtzehn Jahren lebt er in Dänemark. Als er dort im Frühstücksfernsehen einen Haka aufführte, war das die meistgesehene Show in der Geschichte der Sendung. So begann’s.
Das Wikinger-Revival der letzten Jahre hat ihm geholfen: zurück zu den Wurzeln. Der clevere Hakaologe hat eine Marktlücke entdeckt. Was fälschlicherweise oft als „Kriegstanz“ missinterpretiert wird, bietet er nicht nur quer durch Skandinavien als sechswöchiges Manager- und Persönlichkeitstraining an. Auch in Berlin, London und São Paulo hat Harnett-Mutu Weißhäute gelehrt, ein echter Krieger zu sein: „Ich zeige Menschen ihre ungezähmte Energie.“
Ist das kulturelle Aneignung, wenn Dänen und Düsseldorfer „ka mate“ brüllen? So wie die Firma Fiat, die 2006 in einem Werbespot Models den berühmtesten Haka aufführen ließ und dafür vom neuseeländischen Handelsministerium abgemahnt wurde? Oder wie die Coke-Zero-Werbung in Japan, wo Schauspieler, die wie die Rugby-Mannschaft der „All Blacks“ aussahen, eine Art Haka-Stampfkampf gegen Frauen in roten Korsetts aufführten?
Nix da. Alles echt. Kane Harnett-Mutu hat den Segen von daheim – nicht nur von den Ältesten seines Stammes, sondern auch von Marama Fox, einer der bekanntesten Maori-Politikerinnen. Er sieht es pragmatisch: „Wenn wir Maori nicht gewollt hätten, dass man den Haka auf der ganzen Welt hört, hätten wir ihn nicht so laut gemacht.“
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