Die Wahrheit: Das Spiel ist ernst
„Monopoly“, das alte Raffzahn-Spiel, ist jetzt passenderweise als Spezial-Ausgabe für das Dubliner Spekulantenpflaster erschienen.
E s gibt es tatsächlich noch – Monopoly, das Spiel für den kleinen Großgrundbesitzer. Und nicht nur das: Seit Anfang des Monats ist eine Dubliner Ausgabe im Handel. Aber wozu? Monopoly ist längst Realität in der irischen Hauptstadt. Spekulanten haben die Preise derart in die Höhe getrieben, dass die Obdachlosigkeit drastisch in die Höhe geschnellt ist.
Das ist ja auch das Ziel bei Monopoly. Man will die Mitspieler in den Bankrott treiben, damit sie auf der Straße landen. „Das Spiel ist ernst“, sang einst der großartige Franz-Josef Degenhardt, „man ist Kapitalist.“ In seinem Lied „Monopoly“, das auf einer wahren Begebenheit beruht, geht es um zwei Arbeiter, die nach ihrer Schicht im Januar 1970 Monopoly spielten und sich dabei so in die Haare kriegten, dass sie sich gegenseitig umbrachten: „Die Würfel rollen. Was willst du da machen? Alles ist Schicksal, Gewinn und Verlust.“
Dabei war Elizabeth Magie, die das Spiel 1904 unter dem Namen „The Landlord’s Game“ entwickelt hatte, Anhängerin des Georgismus. Diese nach Henry George benannte wirtschaftliche Philosophie lehnte privaten Landbesitz ab. Magie wollte mit dem Spiel lehren, dass Armut und Verelendung die Folgen seien.
Bei der Dubliner Version hat man auf echte Wohnadressen verzichtet. Stattdessen wurden touristische Orte ausgewählt – und einige weniger touristische. Die Nord Anglia International School zum Beispiel. Sie ist erst im September eröffnet worden und hat 21 Schüler. Deren Eltern müssen rund 20.000 Euro Schulgebühren im Jahr zahlen. Wie viel mag das in Monopoly-Dollar sein? Euro gibt es bei dem Spiel nicht.
Auch der Royal Dublin Golf Club ist enthalten. Spielerinnen sollten dieses Feld meiden, denn Frauen haben bei dem Golfclub keinen Zutritt. Es gibt das Fußballstadion, den Flughafen, zwei Kaufhäuser und die Statue von Molly Malone, die tagsüber Fisch und abends ihren Körper verkaufte. Für 60 Dollar ist sie ein Schnäppchen. Der Zoo hat ebenfalls ein Feld, er beherbergt das Pinguin-Gehege, in dem der Tümpel liegt, der Dublin seinen Namen gab: Das irische Dubh Linn bedeutet „schwarzer Teich“.
Die teuerste Adresse ist der Phoenix Park, der größte Stadtpark Europas. Der Papst-Gig im August habe seinen Wert immens gesteigert, behaupten die Hersteller Winning Moves. Der Spieler, der im Park ein Hotel bauen kann, hat so gut wie gewonnen.
In Wirklichkeit darf aber nicht mal die Dubliner Popkapelle U2, der bereits eins der teursten Dubliner Hotels gehört, im Park bauen.
Vorige Woche verbreitete Sänger Bono endlich mal eine äußerst gute Nachricht: Die Musiker wollen sich demnächst zur Ruhe setzen. Oder bereiten sie etwa von langer Hand eine lukrative Wiedervereinigungstournee vor? Dabei kommen sie dann hoffentlich auf das berüchtigte Feld in der Monopoly-Ecke: „Gehe in das Gefängnis. Begib dich direkt dorthin. Gehe nicht über Los.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Verkauf von E-Autos
Die Antriebswende braucht mehr Schwung
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Plädoyer im Prozess zu Polizeigewalt
Tödliche Schüsse, geringe Strafforderung
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Warnstreiks bei VW
Der Vorstand ist schuld
Olaf Scholz in der Ukraine
Nicht mit leeren Händen