Die Wahrheit: Kampf den Gendergendarmen
Im Kampf gegen den Genderwahn bieten Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen Argumentationshilfen an – auch der Dichter Reiner Kunze.
D ie Rechten haben zur Zeit viel zu tun: Grenzen sichern, Islamisierung der Gesellschaft und Verschwulung des Nachwuchses verhindern, die Abschaffung der „Zwangsgebühren“ für ARD und ZDF fordern, kontrollieren, ob Özil während der Hymne wenigstens eine leichte Erektion bekommt, ein Auge auf die Rothschilds und Soros dieser Welt haben … Und dann gilt es auch noch den größten Feind der Menschlichkeit zu bekämpfen: den Genderwahn.
Gut, wenn dabei Fachkräfte aus verschiedenen Bereichen Argumentationshilfen anbieten. Der Dichter Reiner Kunze wurde kürzlich von der Passauer Neuen Presse folgendermaßen zitiert: „Der Sprachgenderismus ist eine aggressive Ideologie“. Der 84-jährige Kunze, der laut PNP „eine tiefe Skepsis gegen verordnete Gebote des Denkens und Redens“ hege, weil er als „Freidenker im totalitären Staat der DDR so lange der Indoktrination ausgesetzt war“, steht nun also nach Honecker, Mielke, Krenz, der Stasi, der Sowjetarmee und den stets schussbereiten Grenztruppen einem neuen Feind gegenüber, den Gendergendarmen, die nur eins wollen: das generische Maskulinum abschaffen und damit einen Lingozid an der deutschen Sprache verüben.
Das Genus, so Kunze, also das grammatikalische Geschlecht, habe bekanntermaßen nicht zwingend etwas mit dem Sexus, dem natürlichen Geschlecht zu tun. So meine „der Wähler“ eben nicht nur die männliche Variante: „Wer diese Ausdrucksmöglichkeiten für sein natürliches Geschlecht als diskriminierend empfindet und ihren Gebrauch bekämpft, bekämpft die Sprache … Der Wähler ist dann stets ein Mann, die Wählerin eine Frau, das geschlechtsneutrale Wort für eine Person, die wählen geht, ist jedoch verschwunden.“ So weit Kunzes nach Oberstudienratspullunder müffelnde Argumentation.
Dass es „der Wähler“ heißt, weil Frauen früher nicht wählen durften, auf die Idee kommt Kunze nicht. Auch nicht darauf, dass man zur Abwechslung mal das generische Femininum einführen könnte, einfach die Variante „die Wählerin“ benutzen und damit auch alle meinen. Weil man sich eben darauf verständigt. Das ist jedoch wahrscheinlich zu viel für jemanden, der als Dichter kreativ mit Sprache umgeht und jedes Wort auf seine möglichen Bedeutungen abklopft, um ihm vielleicht eine neue abzuringen oder gar zuzuschreiben.
Kürzlich las ich einen Zeitungsartikel über einen Herrn namens Milco Messina, den ersten „Entbindungspfleger“ Hannovers. Der Beruf, den er ausübt, heißt üblicherweise „Hebamme“, ein Wort mit weiblichem Genus. Da aber niemand, warum auch immer, inklusiv über „die Hebamme Milco Messina“ sprechen möchte, muss man augenzwinkernd in der Überschrift „die männliche Hebamme“ thematisieren. Komisch, dass manche Dinge eine Einbahnstraße sind.
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