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Die WahrheitSind so kleine Hirne

Wo graue Zellen schrumpfen, erleben die legendären Schrumpfköpfe derzeit eine gruslig fröhliche Wiederauferstehung.

Kein menschlicher, sondern ein Affen-Schrumpfkopf, der in der Schweiz konfisziert wurde Foto: reuters
Von Kriki

Alles schrumpft: die Mittelschicht, Ungarn, das Theater und der Boden, jedenfalls behauptet das der Berliner Tage­sspiegel. Selbst die Deutsche Bank „muss schrumpfen“, wie das Handelsblatt anmerkt. Frauen schrumpft wohl sogar das Becken und überhaupt „schrumpft die Kluft zwischen Männern und Frauen“, wie wieder der Tagesspiegel weiß. „Großbritannien hat sich selbst geschrumpft“, schimpft der Rektor der Universität von Leicester, und sogar die Nachfrage nach Gold ist geschrumpft (World Gold Council). Wie aber steht es bei so viel Geschrumpfe um das Ursymbol des Schrumpfens, den Schrumpfkopf?

Die Entwicklung des Schrumpf­kopf­preises zeigt dem Fachmann nämlich an, ob sich die Wirtschaft gesundschrumpft oder sich gesundstößt (siehe auch Marx, „Schrumpfprozesse des Kapitals“). Werfen wir also einen Blick in den peruanischen Dschungel um 1900. Damals bekam ein Schrumpfkopfjäger für sein Produkt noch eine Feuerwaffe. Doch die Anzahl der Kopfhändler schrumpfte kontinuierlich und die meisten von ihnen wurden kopflos und erschossen aufgefunden. Anschließend ging man dazu über, Geld gegen Schrumpfköpfe zu tauschen.

Bekam man im Jahr 1910 ein peruanisches Pfund für einen Schrumpfkopf, brachte ein vergleichbarer 1919 schon das Fünffache. In den dreißiger Jahren musste man für einen Schrumpfkopf bereits 25 Dollar hinlegen und in den sechziger Jahren schon das Doppelte: 50 Dollar. Ein kontinuierlicher Entschrumpfungsprozess, den man auch Wachstum nennen könnte.

Wachsende Schrumpfkopfblase

Der Schrumpfkopf-Boom wurde angeheizt durch eine Kleinanzeigenkampagne im Stern und anderen Illustrierten. Dort wurde für preiswerte Importschrumpfköpfe aus Neuguinea geworben, die pro Kopf 19,50 Mark kosten sollten. Noch billiger war Jivaro, der „Talisman für das Auto und das Heim“, der nur lächerliche 7,50 Mark kostete. Unzählige abergläubische Autofahrer kauften die billigen Schrumpfköpfe, die – an Innenspiegeln schaukelnd – an die Vergänglichkeit des Seins mahnen sollten. Die Schrumpfkopfblase wuchs und überhitzte endlich, das Interesse schrumpfte und die schönen Schrumpfkopfanzeigen verschwanden aus den Zeitschriften.

Doch in den jetzigen Zeiten des schrumpfenden Hirns erleben die Schrumpfköpfe eine fröhliche Wiederauferstehung. Durch die aktuelle Horrorkultur von Halloween, Death Metal, Hells Angels, Trump und Gruftis ist der Bedarf an Schrumpfköpfen erneut immens gewachsen. Der Schrumpfkopfmythos lebt wieder, und die Schrumpfis (Schrumpfkopf-Fans) können im Shrinken Head Shop unbeschwert einkaufen. Sie können unter 66 verschiedenen Artikeln wählen, meist selbstgefertigte handgeschrumpfte Produkte, für die zwischen 19,95 und 84,71 Euro hinzulegen sind.

Im Schrumpfnetz wirbt der Amerikaner auf Schrumpfdeutsch: „Machen eigene geschrumpft Kopf“ – für schrumplige 42,35 Euro. Ein anderer Schrumpfkopf aus Pappmaché mit grauem Echthaar (Schaf) kostet 40 Euro und kommt aus Leverkusen. Für kleines Geld bekommt man den Zwergenschrumpfkopf für 19,95 Euro. Werbend konstatiert der Kopfhändler ernsthaft: „Trage einen Menschenschrumpfkopf und ab sofort sieht jeder deiner Kontrahenten, dass mit dir nicht zu spaßen ist.“ Hauptsache, der Kontrahent prustet nicht gleich los, dann wird er aber zusammengestaucht!

Durch die aktuelle Horrorkultur von Halloween bis Trump ist der Bedarf immens gewachsen

Der Schrumpfkopf ­Pedro wird beim Amazonas-Schrumpfkopfversand Amazon mit der Altersempfehlung „von 16 bis 60 Jahre“ angezeigt. Erst ab 16, gut, die jungen Leute heute sollen ja sehr sensibel sein, aber was soll das bis 60 bedeuten? Wird der 61-Jährige vom Schreckensschlag getroffen? Schrumpft die Schreckresistenz beim Vorruheständler rapide? Da hilft nur eine vorsorgliche Schrumpfmessung mit dem Schrumpfmessgerät der Firma Schwickert, das Schrumpfkraft und Schrumpfweg präzise ermittelt. Praktischerweise ist die Firma mit dem Schrumpfkopfnetz verlinkt.

Dachbodenfund aus der Seefahrt

Für echte Schrumpfköpfe muss man allerdings schon etwas mehr hinlegen. Ein Schrumpfkopf, Südamerika, Dachbodenfund sollte 246 Ocken einspielen. Den Kopf soll der Vater in den sechziger Jahren von einer Seefahrt mitgebracht haben, vermutlich also ist es ein Jivaro-Schrumpfkopf für seinerzeit 7,50 Mark.

Deutlich teurer sollten die Schrumpfköpfe jüngst auf einer Auktion im Wiener Doro­theum kommen, man rechnete mit drei- bis zwölftausend Euro pro Kopf bei der Versteigerung. Doch der Aufschrei der moralisch empörten Öffentlichkeit war groß und man musste sich die Auktion schließlich aus dem Schrumpfkopf schlagen. Die Angelegenheit wurde unter einem undeutlichen Entschuldigungsgemurmel abgeblasen.

In München war vorher bereits eine Schrumpfkopfversteigerung gerichtlich untersagt worden. Der Schädel („Augen nicht vernäht, Mund­öffnung mit verflochtenem Trödel versehen – im Nackenbereich lange Präparationsnaht. Ungewöhnlich ist der außerordentlich feine, auffällig gefärbte Haarschopf“) wurde an den Schrumpfkopfbesitzer zurückgegeben. Dieser kann den Kopf dann wieder an den Rückspiegel hängen und der Wahrheit ins unvernähte Auge sehen. Die Wahrheit, die besagt: Wo ein Schrumpfkopf hängt, ist ein Schrumpfhirn nicht weit!

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1 Kommentar

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • ;) ”Wo ein Schrumpfkopf hängt, ist ein Schrumpfhirn nicht weit!”

     

    Schonn. Aber Gemach Gemach - Tsantsa Tsantsa! Wollnichwoll!

    Nu. Im Land mit den meisten Nobelköpfen pro Kopf!

    Gibt‘s sogar dafür was fürs - Hirn! Gell.

     

    Tsantsa ist die Zeitschrift der Schweizerischen Ethnologischen Gesellschaft (SEG). Sie veröffentlicht Beiträge zu aktuellen ethnologischen und sozialanthropologischen Themen in Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch. Die Zeitschrift richtet sich an ein internationales Fachpublikum sowie an all jene, die an sozialanthropologischen Fragen und der Erforschung gesellschaftlicher Phänomene interessiert sind. Tsantsa publiziert nur (bisher unveröffentlichte) Originalbeiträge.…

    Der Titel der Zeitschrift, mit Absicht rätselhaft, bezieht sich auf eine frühere Praxis der Shuar (Jivaro): Das Schrumpfen von menschlichen Köpfen. Damit verbunden ist ein reichhaltiges technologisches und symbolisches Wissen, das die Aneignung der Identität des «Anderen» anstrebt.

     

    Dieser Brauch kann sowohl als Metapher für das anthropologische

    Projekt an sich als auch für dessen Widersprüche betrachtet werden.“

     

    Na bitte - Geht doch!

    &

    Wem sein Tsantsa des `Anderen‘ ins Fondue fällt!

    Kommt wie gewohnt in den Luzerner See!;)

    kurz - Dess schleckt die Geiß net weg!

    Nòrmâl! Ah gêh!

     

    unterm—->

     

    https://tsantsa.ch/de/tsantsa/das-journal