Die Wahrheit: Kackende Camper
Neues aus Neuseeland: Die Hinterlassenschaften illegal defäkierender Touristen erregen den Zorn der ansonsten recht friedlichen Neuseeländer.
N icht nur die Jahreszeiten wiederholen sich und werden extremer – wir hatten den offiziell heißesten Januar aller Zeiten. Auch die damit verbundenen Dramen. Touristen, also Backpacker, also vor allem junge Deutsche, kitzeln jeden Sommer im sonst so gelassenen Kiwi den Blockwart oder die Klofrau raus. Und die Verkehrspolizei.
Anfang der Saison empörte man sich über die „Foreign Drivers“, die den Linksverkehr missachten und im Wohnmobil über Bergpässe schlingern. Da wird schon mal Selbstjustiz praktiziert und den Fahrern der Autoschlüssel weggenommen. Doch nichts bringt das antipodische Blut so in Wallung wie wildes Kacken unter freiem Himmel. „Freedom Camping“ nimmt zur Zeit in Volkes Wahrnehmung Dimensionen der europäischen Flüchtlingsströme an.
Die internationalen Frei-Zelter müssen sich als Selbstversorger mit Chemie-Toilette ausweisen, sonst kostet es 200 Dollar Strafe. Doch die meist jungen Klo-Chauffeure benutzen ihre mobilen Schüsseln eher selten. Was im schnieken Kreuzfahrt-Örtchen Akaroa jüngst für helle Aufregung sorgte: nackte Hintern und Haufen in den Büschen – eklig und illegal! Zum Glück rief niemand zur bewaffneten Bürgerwehr auf.
Statt für mehr öffentliche Toiletten zu sorgen, was ja die logischste Lösung des Problems wäre, wird gefordert, keine Touristen mehr außer Landes zu lassen, die ihr Klo-Knöllchen bis zum Abflug nicht bezahlt haben. Geiselnahme wegen Freiluftfäkalien. In Akaroa wurde ein Warnschild aufgehängt – frisch laminiert, also abwaschbar –, das mit Verhaftungen droht. Pamphlete wurden ebenfalls verteilt, leider kein Klopapier. Bald folgen sicher Aufmärsche im Pegida-Stil.
Schwer haben es nicht nur „Freedom Camper“, sondern auch „Freeloader“. Die Deutsche Anna Karg und ihr australischer Freund Enoch Orious, beide 25, wurden vorletzte Woche fast medial gelyncht, nachdem die Rucksackreisenden begeistert auf der Stuff-Medienseite davon erzählt hatten, wie sie sich ohne Geld durch Aotearoa futtern – zum Beispiel durch „Dumpster Diving“ in Müllcontainern und in Suppenküchen für Obdachlose.
Als Schmarotzer, die den Ärmsten das Essen klauen, wurden die beiden öffentlich angegriffen. Anna Karg verteidigte sich, dass sie bei ihrem letzten Neuseeland-Trip „Tausende von Euro“ ausgegeben habe und im Gegensatz zu vielen Kiwis Freiwilligenarbeit leisten würde. „Wir sind alle nur Marionetten in diesem Spiel. Wenn ihr auf jemanden wütend sein wollt, dann nicht auf uns – greift das System an.“ Diese Woche wurden prompt deutsche Touristen beim Ladendiebstahl erwischt.
Der Ton wird härter, die Taten werden drastischer. Ein chilenischer Tourist wurde verknackt, weil er mit seiner Kameradrohne Fotos von einem Waldbrand schoss – was dazu führte, dass die Hubschrauber der Feuerwehr stundenlang nicht starten konnten. 15 Hektar Busch verbrannten in der Zeit. Und darin unzählige illegale Haufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Bündnis Sahra Wagenknecht
Ein Bestsellerautor will in den Bundestag