Die Wahrheit: Wirrwarr in Katar
Neue historische Erkenntnisse zur diplomatischen Krise rund um das Golf-Emirat. Die Lösung liegt auf der Hand beziehungsweise im Korb …
„Was ist denn jetzt schon wieder da unten los?“, fragt sich die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch ratlos. Quasi über Nacht ist der nur aus Bohrtürmen und Luxushotels bestehende Kleinstaat Katar zum Mobbingopfer geworden.
Angeführt von Saudi-Arabien, haben mehrere arabische Staaten ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen und schmollen nun beleidigt. Drei Tweets zum Thema von Donald Trump in den letzten 48 Stunden zeigen, dass die Lage durchaus von weltpolitischer Brisanz ist.
Offiziell stoßen sich Saudi-Arabien, Ägypten und Co. an Iran-freundlichen Aussagen, die Katars regierender Emir al-Thani getätigt haben soll. Saudi-Arabien und der Iran kämpfen seit Jahren um die Vorherrschaft in der Golfregion und konnten sich noch nie leiden. Was vor allem daran liegt, dass Saudi-Arabien sunnitisch, der Iran aber schiitisch ist. Und zwischen Sunniten und Schiiten klafft ein Abgrund.
Bei Sunniten muss der Turban linksdrehend gewickelt werden, bei Schiiten rechtsrum. In der schiitischen Rechtsprechung bekommen Diebe die rechte Hand abgehackt, in der sunnitischen die linke.
Heiliger Sport
In erster Linie aber geht es dabei um Differenzen die Biografie Mohammeds betreffend: Sunniten glauben, dass Handball ein heiliger Sport sei, da der Prophet in seiner Jugend aus Respekt die Hände aller Gelehrten küsste, woraus sich der Feldhandball in der Wüste entwickelte. Den Schiiten hingegen gilt Basketball als sakrosankt. Sie legen den Koran so aus, dass der Prophet in seiner Jugend aus Respekt vor den Gelehrten Körbe geflochten habe, woraus sich das Basketballspiel entwickelte.
Deshalb verfügen sunnitische Staaten traditionell über starke Handballnationalmannschaften, allen voran Katar, wohingegen die iranische Basketball-Liga als die beste Asiens gilt. Als die staatliche Nachrichtenagentur Katars am 24. Mai meldete, der Emir habe den Iran als „Basketballmacht“ gepriesen und handballfeindliche Positionen vertreten, schlugen die Wogen natürlich hoch am Golf. Sofort bildete sich eine Koalition von handballbegeisterten Staaten wie Ägypten, Jemen und Libyen unter der Führung Saudi-Arabiens.
Das Problem ist nur, dass Emir al-Thani diese Aussagen gar nicht gemacht haben will. Von katarischer Seite wurde die Meldung umgehend dementiert, man sei Opfer eines Hacker-Angriffs geworden. Der verantwortliche Hacker sei bereits gefasst worden und man habe ihm, zum Zeichen der Verständigung zwischen Schiiten und Sunniten, sowohl die rechte als auch die linke Hand abgehackt.
„Uns doch egal“, tönte es aus Saudi-Arabien zurück. König Salman denkt selbstverständlich nicht daran, einzulenken. Er nutzt die vermeintlichen Aussagen al-Thanis um Saudi-Arabiens Position als Handballvormacht in der Region wiederherzustellen. Diese war durch den Vizeweltmeistertitel Katars bei der WM 2015 zuletzt empfindlich geschwächt worden. Mittlerweile hat der gewitzte Monarch eine Allianz von handballverliebten Diktatoren und Warlords um sich geschart, die begeistert an der Demontage Katars teilnehmen und dabei ihre eigenen Interessen verfolgen.
Erwähnt sei hier nur die palästinensische Hummus-Bewegung, eine radikale Veganer-Sekte, die von einem Hotelzimmer in Doha aus große Teile Palästinas regierte – und zwar mittels einer umgebauten Playstation. Vor Kurzem wurden sie jedoch von Katars Chef-Emir aufgefordert das Land zu verlassen, da sie ihre Hotelrechnungen nicht bezahlt hatten. König Salman stellte den Hummus-Leuten daraufhin großzügig eine Hotelsuite in Riad zur Verfügung.
Zivilisierte Vermittlung
Katar ist also isoliert. Der Zwergstaat (zwei Millionen Einwohner, davon 100.000 Millionäre, 1.800.000 Sklaven; 100.000 Handballspieler) hofft nun auf Vermittlung aus dem Westen. Als erstes zivilisiertes Land meldete sich die Türkei zu Wort. Spitzendiplomat Recep Erdoğan, der einen Golfplatz in Katar besitzt, rief beide Seiten zur Mäßigung auf, und erklärte, dass er sich persönlich weder für Basket- noch für Handball interessiere, sein Herz schlage ausschließlich für Fußball.
Die Signale aus den USA sind widersprüchlich. Am Montag erklärte Präsident Trump, der bislang Saudi-Arabien unterstützt hatte, überraschend, er begrüße Katar im Kreis der Basketball-Nationen und gab der Meinung Ausdruck, Handball sei ein Sport für Behinderte und Mädchen und gehöre demzufolge auf die Paralympics.
Die Katar-Krise ist also noch lange nicht gelöst und hat durchaus Pulverfasspotenzial. Es wäre nicht der erste Weltkrieg, der wegen einer Nichtigkeit losgetreten wurde. Daran erinnerte auch der legendäre Nahost-Experte Peter Scholl-Latour, der sich aus dem Jenseits zu Wort meldete: „Wir dürfen niemals vergessen, dass der Erste Weltkrieg dadurch ausgelöst wurde, dass ein kroatischer Dragoner in einem Kaffeehaus in Sarajevo ausrief: Herr Ober, da ist ein Haar in meiner Suppe!“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Rekrutierung im Krieg gegen Russland
Von der Straße weg
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
Umfrage zu Sicherheitsgefühl
Das Problem mit den Gefühlen
„Freiheit“ von Angela Merkel
Die Macht hatte ihren Preis
Verkehrsvorbild in den USA
Ein Tempolimit ist möglich, zeigt New York City
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich