Die Wahrheit: Kiwi-Nazis und die Redefreiheit
Neues aus Neuseeland: Auch im sonst so vorbildlich weltoffenen Aoreatoa gibt es Rassisten und Kriegsverbrecher.
I mmer gibt’s nur Kauziges aus Klein-Kiwi-Country. Denkste! Wir sind endlich Teil der großen Politik. Zwar haben wir weder einen Trump-Besuch noch einen Terroranschlag zu vermelden, und auch Flüchtlinge haben es dank unserer beschämenden Aufnahmequote bisher kaum ins Land geschafft. Dafür schlagen wir uns jetzt mit richtig harten Themen herum: Neonazis und Kriegsverbrechen.
An der Uni von Auckland machte sich im März ein neuer Club bemerkbar: Die „European Students Association“ trommelte für Mitglieder. Was genau mit „europäisch“ gemeint war, wurde klarer, als man die keltischen Runen und germanischen Motive auf ihren Postern sah. Spätestens der Slogan „Kraft durch Ehre“ in gotischer Schrift zeigte, dass es dem Verein mehr um Völkisches als um Völkerverständigung geht.
Die Neonazis in Aotearoa, die alle Jahre wieder bei diversen Anlässen als südlichster Außenposten der „National Front“ aufmarschieren, konnte man bisher locker an drei Händen abzählen und an ihren Hakenkreuztattoos erkennen: Herrenmenschen im Asi-Look. Doch die Studententruppe in Auckland – angeführt von einem Südafrikaner – entstammt einer anderen sozialen Gattung: akademisch gebildet, modisch gewandet, rhetorisch gestählt.
Als sie empört als Rassisten angegriffen wurden, wehrten sich die „Europäer“, dass es schließlich auch indische, chinesische oder Maori-Clubs an der Uni gäbe. Sie wollten nur vernachlässigtes Kulturgut fördern – mit Kochen und Musik. Da ihnen das niemand abnahm und die Proteste bis hin zur Gewaltandrohung gingen, tauchte die Gruppe unter. Die Menschenrechtskommission schlug im Zuge des Aufruhrs ein Gesetz gegen „Hate Speech“ vor. Was wiederum Intellektuelle von links bis rechts auf den Plan rief, die sich um unsere Redefreiheit sorgen. 27 hochkarätige Namen, darunter ein ehemaliger Premierminister, appellierten in einem offenen Brief an die Regierung, keine Zensur jedweder Art zuzulassen.
Wenn ein Mann wie Nicky Hager mundtot gemacht wird, dann mache auch ich mir um unsere Redefreiheit Sorgen. Der mutigste investigative Reporter im Lande, der seit Jahren ein Sandkorn nach dem anderen ins Politgetriebe wirft, hat gerade enthüllt, dass die Spezialeinheit SAS der neuseeländischen Armee vor sieben Jahren ein Massaker an Zivilisten in Afghanistan zu verantworten hatte. Bisher standen die Kiwi-Truppen als Friedensstifter weltweit vorbildlich da. Entsprechend allergisch reagierten Patrioten auf Hager: Wer wagt es, unsere Helden Mörder zu nennen? Ein Nestbeschmutzer.
Der Racheakt gegen afghanische Rebellen, bei dem auch ein dreijähriges Mädchen umkam, wurde laut Hagers Recherchen von oben vertuscht. Der Journalist fordert eine Untersuchung von offizieller Seite. Die wurde diese Woche von der konservativen Regierung abgeschmettert. Auch wenn sie es anders formulierte, kam die Botschaft rüber: „Shit happens.“ Den Haufen kehrt man schön unter den Teppich. Doch er stinkt.
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