Die Wahrheit: Santa mit Hackebeil

Ein neuer Trend aus den USA erreicht Deutschland. Nach den Horrorclowns kommen jetzt die Horrorclause und verbreiten erneut Furcht und Schrecken.

Die Silhouette eines Weihnachtsmannes vor dem Vollmond

Schöne Bescherung: „Warte, warte nur ein Weilchen, dann kommt Santa auch zur dir.“ Foto: reuters

Nach den Gruselclowns und Präsidentenwahlen aus der Hölle schwappt derzeit offenbar eine weitere Horror-Welle von den USA nach Europa: die Grusel-Weihnachtsmänner. In einem Einkaufszentrum in Bielefeld wurden sie am vergangenen Sonnabend gesehen. Mit langen Bärten und roten Mützen maskierte Weihnachtsmänner haben dort Passanten erschreckt und beraubt, vor allem Kinder und ältere Leute.

„Es war schrecklich“, berichtet Center-Manager Knut Westenbrink. „Es waren zwei Männer, sie haben fürchterlich gegrinst. Der eine hatte eine Rute in der Hand, der andere ein Hackebeil.“ Sie hätten große Säcke mit sich getragen, in denen sie Waren davontrugen, die sie den Kunden abgenommen hatten. In dem Einkaufszentrum und in Teilen der Bielefelder Innenstadt sei in der Folge Panik ausgebrochen.

Zu einem ähnlichen Vorfall ist es jetzt offenbar in einer Ladenpassage in Wanne-Eickel gekommen. Dort konnten die brutalen Weihnachtsmänner wegen des im strukturschwachen Ruhrgebiet grassierenden Leerstands allerdings weder Beute machen noch Kunden vergraulen.

In den USA sind die Grusel-Weihnachtsmänner nach Berichten von Nachrichtenagenturen bereits ein weit verbreitetes Phänomen. Horror Santa sucht auch dort vorzugsweise Shopping Malls heim. Zahlreiche entsprechende Videos kursieren im Internet. „Christmas of Fear“ titelte am Sonntag der Saint Louis Evening Standard, in Miami wurden Bürgerwehren wider die rote Pest gebildet und in Alaska prophylaktisch Tausende Rentiere abgeschossen, die als bevorzugte Fluchttiere der „Bad Santas“ gelten.

Kinder bekommen Weinkrämpfe, wenn sie nur von Ferne eine Gestalt im roten Mantel sehen

In Texas sind in verschiedenen Städten Weihnachtsmänner vom örtlichen Sheriff festgenommen worden. Aus der Coca-Cola-Zentrale in Atlanta wurden inzwischen Überlegungen bekannt, in den meisten Bundesstaaten auf den Einsatz der berühmten Weihnachts-Trucks des Unternehmens zu verzichten. Santa Claus sei offenbar kein Sympathieträger mehr, hieß es.

Die Entwicklung versetzt auch den deutschen Einzelhandel in Alarm. „Es wäre verheerend, wenn sich so etwas wie in Bielefeld häufen würde“, erklärt Jochen Piepenbrock, Geschäftsführer des Handelsverbands Westfalen. Das Weihnachtsgeschäft sei sehr sensibel. Umsatzeinbußen in dieser Zeit könnten in den anderen Monaten kaum kompensiert werden, fürchtet Piepenbrock. Viele Kunden bestellten ihre Geschenke nur noch im Internet, weil sie den Weihnachtsterror vor Einkaufszentren und in Fußgängerzonen fürchteten.

Das zeichnet sich vor allem in Bielefeld bereits deutlich ab, wo nach den Ereignissen vom Wochenende das Weihnachtsgeschäft praktisch zum Erliegen gekommen ist. Viele Kinder bekommen schon Weinkrämpfe, wenn sie nur von Ferne eine Gestalt im roten Mantel sehen, berichtet eine Lokalzeitung.

Betroffenheit beim Bundesverband

Für besondere Betroffenheit sorgen die Vorfälle beim Berufsverband Deutscher Weihnachtsmänner und Engel (BDWE). „Für uns ist das eine absolute Katastrophe“, sagt Verbandschef Rüdiger Vomwalde. Es habe mittlerweile Stornierungen besorgter Eltern gegeben, die keinen Weihnachtsmann mehr zur Bescherung ins Wohnzimmer lassen wollen. Die studentische Weihnachtsmannvermittlung in Berlin will das derzeit noch nicht bestätigen. „Ich fürchte, diese Saison ist für uns gelaufen“, urteilt dagegen ein langjähriger Weihnachtshelfer, der seinen Namen nicht nennen will.

Bei der Frage, wie das Phänomen der Grusel-Weihnachtsmänner zu erklären ist, herrscht unter Experten noch Rätselraten. „Vielleicht nimmt in der Gesellschaft die Abneigung gegen allzu traditionell positiv besetzte Figuren zu“, vermutet Psychologin Jenny Horstkötter. Gefragt seien Superhelden oder Bösewichter. Und weil sowohl Weihnachtsmänner als auch Clowns definitiv nicht zum Superhelden taugten, würden sie eben zum Bösewicht umgedeutet. „Mich jedenfalls würde es nicht wundern, wenn im nächsten Jahr auch noch Grusel-Osterhasen auftauchen“, sagt die Psychologin.

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