Die Wahrheit: Allerletzte Hoffnung
Alle fürchten sich inzwischen vor dem republikanischen Präsidentschaftskandidaten. Kann nur Deutschland die Welt vor Donald Trump retten?
So zerstritten sich die deutsche Netzwelt in beinahe allen Fragen zeigt – bei Donald Trump sind sich alle einig. Unermüdlich posten Hunderttausende gegen den Präsidentschaftskandidaten an. Und genau diese Entschlossenheit könnte die Welt vor der finalen Katastrophe bewahren.
Es ist längst kein Geheimnis mehr: Wenn der irre Multimilliardär Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten wird, erfüllt sich das siebte Zeichen und die Welt geht unter. Ob in Feuer oder in Eis – darüber streiten weltweit Politologen, Soziologen und Game-of-Thrones-Experten. Doch während sich in den meisten Ländern lüstern-resignierte Katastrophengeilheit breitmacht, versuchen verantwortungsbewusste Social-Media-Nutzer in Deutschland, das Ruder mit ihrem unermüdlichen Einsatz noch herumzureißen, bevor es wirklich ein für alle Mal zu spät ist.
Twittern gegen den Politrüpel
Täglich schreiben engagierte Bürgerinnen und Bürger auf Facebook, Twitter oder in ihren – teilweise extra dafür ins Leben gerufenen – Blogs, was für ein gemeingefährlicher Vollidiot Donald Trump ist. Während die einen versuchen, den Politrüpel mit launigen Witzen über Nacktmulle und entlaufene Frisuren zu desavouieren, greifen andere beherzt zum Mittel der politischen Analyse.
So zeigen etliche Nutzer anhand von Bildmaterial auf, dass sich Trumps Mimik kaum von der des Faschisten Mussolini unterscheidet. Andere zitieren die fragwürdigsten Äußerungen des blondierten Großmauls und können damit beträchtliche Mängel in dessen Welt- und Menschenbild aufzeigen. Lückenlos dokumentieren zahlreiche Postings die hundsgemeine Hetze des Populisten: Ging es gestern noch gegen „die Mexikaner“, sind es heute schon „die Muslime“ und morgen Frauen, Kinder und sogar harmlos vor sich hin plärrende Babys.
Die häufigsten und sicher wirkungsvollsten Attacken gegen den Endzeit-Tycoon sind allerdings unverblümte Meinungsäußerungen, in denen politische Überzeugung zu präziser Rhetorik gerinnt. So schreibt Denis S. (27): „Hallo? Hackt’s? Der Typ geht ja wohl mal gar nicht!“ Dafür erhält er 177 Likes, fast 50 mehr, als bei seinem bisherigen Gefällt-mir-Rekord für ein Video, in dem eine Blondine gegen einen Laternenpfahl läuft. Auch Sabine D. (54) lässt es gegenüber ihren Folgern bei Twitter nicht an Eindeutigkeit missen: „Und jetzt auch noch dieser Trump! Armes Deutschland!“
Während in Deutschland bei allen anderen politischen Fragen Uneinigkeit herrscht – „Wie cool ist Putin wirklich?“, „Stinken Muslime mehr als Juden?“ oder „Wer ist scheißer: Merkel oder die eine da von den Grünen?“ –, in Sachen Trump gibt es endlich wieder diesen generationenübergreifenden Schulterschluss, wie man ihn seit der Absetzung von Wolfgang Lippert bei „Wetten dass ..?„ nicht mehr erleben durfte. Selbst wenn sich herausstellen sollte, dass Hillary Clinton in Wirklichkeit ein kriegslüsterner Astralkraken aus einer fernen Galaxie ist – der unberechenbare Narzisst Trump ist den mündigen Deutschen im Gegensatz zu den durch Dumpf-TV und Donuts mittlerweile mehrheitlich verblödeten Amerikanern eindeutig das größere Übel.
Leider gibt es bei dieser Erfolgsgeschichte politischer Meinungsbildung einen Wermutstropfen: Die deutschen Internetnutzer dürfen in den USA nicht wählen. Trotz allem Engagement könnte also der „Blonde mit dem irren Blick“ (Melanie D., 29) durchaus an die Macht kommen, und dann „Bye-bye mother earth“ (Jacinta N., 34) beziehungsweise „Prost Mahlzeit!“ (Tilman B., 41).
Versuch der Einflussnahme per Internet
Viele Protestler sind sich dennoch sicher, dass ihre deutlichen Bekundungen noch Einfluss auf die Wahl nehmen. Der Bachelor-Politikwissenschaftler Severin Q. (33) bietet sogar eine Erklärung: „Es gibt das Phänomen der morphogenetischen Resonanz. Wenn wir hier auf dem alten Kontinent eine massive Anti-Trump-Vibration erzeugen, reichen deren Schwingungen bis in die USA und verändern dort die Mentalsphäre der Amis. Der Geist hat keine Firewall, wie Sie wissen.“ Nach Belegen für diese faszinierende Sicht gefragt, ist Q. um eine Antwort nicht verlegen: „Das finden Sie alles im Internet. Die aufgeklärte Politik des 21. Jahrhunderts wird im Netz gemacht.“
Weiteres Futter für den engagierten Einsatz deutscher Internetnutzer gegen den amerikanischen Horrorclown liefert ein Wissenschaftlerteam von der Cthulhu-Fachhochschule in Riesa. Dort ist man im Rahmen einer Studie der Frage nachgegangen, was politisch Engagierte Sinnvolleres tun könnten, als mitzuteilen, Donald Trump sei die größte Kackwurst des Universums. Das verblüffende Ergebnis: nichts!
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
BSW in Koalitionen
Bald an der Macht – aber mit Risiko
Dieter Bohlen als CDU-Berater
Cheri, Cheri Friedrich
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
„Männer“-Aussage von Angela Merkel
Endlich eine Erklärung für das Scheitern der Ampel