Die Wahrheit: Die finale Demütigung Hannovers
Einst Skandalhauptstadt der Republik ist die niedersächsische Metropole auf den Hund gekommen. Angela Merkel genoss das jüngst sichtlich.
A ngela Merkel ist eine grausame Herrscherin. Und sie vergisst nie. Jahrelang musste sie ertragen, wie Hannover, die angeblich langweiligste Stadt Deutschlands, der einstmals anerkannt langweiligsten Regierungschefin der Welt die Show stahl.
Während die Journalisten versuchten, die Politikseiten mit den Nichtentscheidungen der Kanzlerin zu füllen, und dabei aus Verzweiflung auf ihre putzige, vermeintlich vulvaoide Handhaltungen und die Geheimnissen einer zölibatären Ehe auswichen, tobte – die Älteren werden sich erinnern – in Hannover das wilde Leben: Sex, Crime, Rock ’n’ Roll. Hannover präsentierte sich wahlweise als Machtzentrum oder Skandalhauptstadt der Republik.
Hier nur ein Ausschnitt aus der Personage: ein viriler, seriell-polygamer Altkanzler mit natürlich kastanienbraunem Haupthaar und einflussreichen osteuropäischen Freunden. Der Versicherungsvertreter Maschmeyer, der zu den reichsten Männern der Republik gehörte und jedem Geld spendete, der bereit war, mit ihm in den Urlaub zu fahren. Frank Hanebuth, der inoffizielle Hells-Angels-Chef Deutschlands.
Eine EKD-Vorsitzende, die sich weigerte, Kanonen zu segnen. Die Rockband Scorpions, die durch das umgekehrt proportionale Verhältnis ihres Bekanntheitsgrades in Japan zur Körpergröße ihres Sängers eine Singularität in der Geschichte der Popmusik darstellte. Ein Ministerpräsident, der eine Deutschtürkin zur Ministerin machte, während sein Innenminister alles auswies, was nicht bei drei im Kirchenasyl verschwunden war und, und, und …
Irgendwann wurde es Frau Dr. Merkel zu viel. Der geplante Abstieg Hannovers begann. Zunächst wurde Schröders Karriere durch Merkels Sieg bei der Bundestagswahl 2005 beendet. Dann führte sie Carsten Maschmeyer über Christian Wulff Veronica Ferres zu und ließ ihn damit nicht nur in den künstlerischen Abgrund blicken, sondern lockte ihn auch aus Hannover nach München. Hanebuths Domizil wurde von der GSG 9 gestürmt, die dabei, laut Hanebuths Anwalt, einem früheren Kanzlei-Kollegen Schröders, einen „jungen Hund“ erschoss.
Frau Käßmann bretterte – unverantwortlicherweise ohne einen vielleicht mäßigenden Altkanzler auf dem Beifahrersitz – mit 1,54 Promille Blutalkohol über eine rote Ampel und trat zurück. Wulff: Bundespräsident, Islam, Bobbycar, Rücktritt. Und im letzten Monat mussten die Scorpions wegen einer Krankheit des kleinen Klaus ihre Abschiedstournee abbrechen …
Man möchte mit Philipp Poisel fragen: Wie soll eine Stadt das ertragen? Aber Frau Merkel war noch nicht zufrieden. Ihren letzten Streich vollführte sie jetzt. Ausgerechnet zu uns nach Hannover lud sie den – TTIP hin, Guantánamo her – coolsten Staatschef und Abhörspezialisten der Welt ein, um sich von ihm schamlos umflirten zu lassen. Nur um uns Hannoveranern zu sagen: Seht ihr, da wart ihr mal nah dran, ihr Möchtegern-Gangstarapper. Und morgen sind wir wieder weg! Fuck you! Von Hannover 96 wollen wir gar nicht reden …
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Zuschuss zum Führerschein?
Wenn Freiheit vier Räder braucht
Neuer Generalsekretär
Stures Weiter-so bei der FDP
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Pro und Contra
US-Präsident Biden hat seinen Sohn begnadigt – richtig so?